Der frühere ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch ist tot - er wurde 79 Jahre alt.
Fritz Verzetnitsch ist tot - der frühere ÖGB-Präsident verstarb im Alter von 79 Jahren, bestätigte die SPÖ gegenüber oe24. Seine unumstrittene Position im ÖGB wurde jäh durch den Bawag-Skandal beendet.
Der gebürtige Wiener hat beruflich ein klassisches Funktionärsleben geführt. Schon mit 25 war er beim ÖGB beschäftigt, bis in seine 30er diente er als Jugendsekretär, später als Leitender Sekretär, eine Position, die der eines Generalsekretärs entspricht. Dass es der in jeder Beziehung unauffällige Verzetnitsch danach zum ÖGB-Präsidenten brachte, hatte er in erster Linie einer gegenseitigen Blockade der großen Gewerkschaften zu verdanken - Verzetnitsch als gewerkschaftlicher Nullgruppler ohne große Teilgewerkschaft im Rücken war der ideale Kandidat für die Nachfolge der Legende Anton Benya.
20 Jahre im ÖGB-Sessel
Freilich hätte damals im Jahr 1987 kaum jemand erwartet, dass sich Verzetnitsch beinahe 20 Jahre am Präsidenten-Sessel würde halten können. Doch er verstand es durchaus, sich zwischen den Lagern durchzuschwindeln, indem er die "Großen" machen ließ, was sie wollten und sich selbst ein internationales Standbein schuf. Verzetnitsch war ab 1993 für ein Jahrzehnt Präsident des Europäischen Gewerkschaftsbunds.
Verzetnitsch stellte Streikfonds des ÖGB aufs Spiel
Lange ging alles zumindest oberflächlich gut, Verzetnitsch wurde gar noch zu einer der Symbol-Figuren des Widerstands gegen Schwarz-Blau, als er sich 2003 an die Spitze eines sogenannten "Abwehrstreiks" gegen die schwarz-blauen Pensionspläne stellte. Den Ruf des ewigen Zauderers war der begeisterte Eisläufer damit zumindest nach außen los.
Was für ein Heißsporn Verzetnitsch in finanziellen Dingen war, war da noch längst nicht bekannt. Verzetnitsch hatte als ÖGB-Chef ohne Wissen der Gremien zugestimmt, dass zur Rettung der BAWAG die Gewerkschaft die Haftung übernimmt und damit de facto den Streikfonds verpfändet. Als dies im März 2006 bekannt wurde, ging Verzetnitsch, freilich nicht wirklich freiwillig, sondern unter dem massiven Druck der maßgeblichen Player im ÖGB.
Mächtig - und doch wieder nicht
Dass Verzetnitsch dereinst zu einer der umstrittensten Figuren in der Geschichte des Gewerkschaftsbunds werden sollte, war nicht zu erwarten gewesen. Über viele Jahre galt der gelernte Installateur als Leichtgewicht, der den mächtigen Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften wie dem Metaller Rudolf Nürnberger oder GPA-Chef Hans Sallmutter nichts entgegenzusetzen habe.
Als dann im Zuge der BAWAG-Affäre bekannt wurde, dass just Verzetnitsch den sagenumworbenen Streikfonds des ÖGB aufs Spiel gesetzt hatte, staunte auch so mancher Insider nicht schlecht. Dem ÖGB-Präsidenten bekam es nicht gut. Der von ihm eingesetzte Nachfolger Rudolf Hundstorfer entließ Verzetnitsch, über Jahre galt er als Paria in der Gewerkschaft. Erst in den letzten Jahren hat sich das Verhältnis des ÖGB zu seinem ehemaligen Präsidenten wieder leicht entspannt.
Seine bittersten Tage - aber im Penthouse konnte er zunächst bleiben
Für Verzetnitsch, der sich nie einer persönlichen Schuld bewusst war, begannen damit wohl die bittersten Tage seiner Karriere. Nicht einmal ein Jahr, nachdem ihn die Spitzen der Republik mit großen Reden anlässlich seines 60ers hochleben hatten lassen, wurde der Träger hoher staatlicher Verdienstorden plötzlich zum Outlaw. Nicht nur, dass Verzetnitsch sein Präsidentenamt ebenso wie sein Mandat im Nationalrat verlor, musste er auch noch vor Gericht gegen seine Entlassung kämpfen - letztlich erfolglos. Immerhin, in seinem BAWAG-Penthouse im 1. Wiener Gemeindebezirk, das schon zu für ihn besseren Zeiten als Wohnort für einen ÖGB-Präsidenten umstritten war, konnte er zunächst bleiben, zuletzt gehörte das Gebäude zum pleitegegangenen Signa-Konzern.
Hätte der ÖGB in den ersten Jahren nach dem BAWAG-Skandal Verzentitsch am liebsten aus ihre Geschichtsbüchern gelöscht, sieht man inzwischen alles deutlich entspannter. Nicht nur, dass sich der Alt-Präsident Besuche bei Gewerkschaftsveranstaltungen nach seinem Interesse ohnehin nie nehmen hatte lassen, schaffte es Verzetnitsch auch wieder in Festtags-Videos des ÖGB, wie etwa zuletzt beim 70. Geburtstag des Gewerkschaftsbunds. Geherzt wird er bei seinen Auftritt in der Gewerkschaft zwar nicht, das war aber auch zu seinen Präsidenten-Zeiten nicht viel anders.