"Presse"-Chef und ORF-Journalisten in Bedrängnis

„Rotes Zeckenparadies“: Chat-Affäre um den ORF

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Die Chats von Thomas Schmid bringen jetzt auch „Presse“-Herausgeber Rainer Nowak und führende ORF-Journalisten in Bedrängnis. Das geht aus einem Bericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu Nowak hervor, der oe24 vorliegt.

Laut dem 166-seitigen (!) WKStA-Akt habe Nowak in regem WhatsApp-Kontakt mit Thomas Schmid, Ex-Generalsekretär im Finanzministerium, gestanden. Demnach habe es immer wieder Interventionen von Schmid beim „Presse“-Chef gegeben, auch Umfragen von Meinungsforscherin Sabine Beinschab wurden bei Nowak platziert. Beinschab bezeichnete Nowak sogar als „Lobbyisten“ für ihre Umfragen.

„Jetzt du noch ORF-Chef. Alter - dann gehts ab“

In den Chats ging es auch um den ÖVP-Plan, Nowak zum ORF-Generaldirektor zu machen. So hat es laut Kalendereintrag von Schmid bereits im Juni 2017 einen Termin unter dem Titel „ORF conspiracy“ mit Nowak, Schmid und Ex-Minister Gernot Blümel gegeben. Ziel der ÖVP war es, mit Nowak im ORF „aufzuräumen“.

Rainer Nowak
© APA/HERBERT NEUBAUER
× Rainer Nowak

So schreibt Schmid im Juli 2018 über den seiner Meinung nach SPÖ-nahen ZiB-Moderator Tarek Leitner an Nowak: „Als GD (Generaldirektor, Anm. d. Red.) wirst ihn dann verräumen.“

Nach seinem Hearing als ÖBAG-Chef bedankt sich Schmid bei Nowak für dessen Unterstützung:

Nowak:Wie lief es?

Schmid:Super. Denke, ich war echt gut!!

Schmid:Echt super

Schmid:Es waren einige gute Bewerber damit super verfahren bin happy

Nowak:Das freut mich sehr!!

Schmid:Jetzt du noch ORF-Chef

Schmid:Alter - dann gehts aber ab

Schmid:Danke für alles

Nowak:Ehrensache. Jetzt musst du mir bitte beim ORF helfen.

Schmid:Unbedingt

„ORF sind scheiss Linke“

In mehreren Chats beschwert sich Schmid über die „Linkslastigkeit“ des ORF: „ORF sind scheiss Linke“, schreibt Schmid etwa 2017 an einen seiner Kontakte. Und nach der Elefanten-Runde im Oktober 2017 ist Schmid in einem SMS an den ehemaligen Pressesprecher von Sebastian Kurz, Johannes Frischmann, außer sich, weil er Kurz im ORF unfair behandelt sieht: „Und ich hasse den ORF. Ich hasse den ORF. Ich hasse den ORF.“ In einer weiteren SMS gibt Schmid die Marschrichtung vor: „Im ORF muss ordentlich aufgeräumt werden.“

Thomas Schmid
© APA/PUNZ
× Thomas Schmid
Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid

 

ORF-Chefredakteur: „Die, die glauben, die SPÖ retten zu müssen, werden weniger“

Der WKStA-Bericht bringt aber nicht nur Nowak unter Druck (er muss sich am Montag in einer Redaktionsversammlung gegenüber den Presse-Mitarbeitern rechtfertigen), sondern auch ORF2-Chefredakteur Matthias Schrom. So hat Schrom dem ehemaligen FPÖ-Vizekanzler HC Strache laut WKStA-Bericht sogar Tipps für Interventionen im ORF gegeben. Als sich Strache am 14. Februar 2019 über einen Bericht in der ZiB24 beschwert, antwortet Schrom: „Das ist natürlich unmöglich. Du weißt, ich bin nur für ORF2 zuständig, ORF 1 (das noch viel linker ist) gehört Lisa Totzauer (und Wolfang Geier) (…) Ich wundere mich ja ehrlich schon lange, dass sich darüber, was dort inhaltlich abgeht, keiner aufregt.“ Und Schrom weiter: „Es ist schon bei uns genug zu tun und jeden Tag mühsam, aber langsam wird’s, und die, die glauben, die SPÖ retten zu müssen, werden weniger.“

Matthias Schrom ORF
© ORF/Thomas Ramstorfer
× Matthias Schrom ORF
ORF2-Chefredakteur Matthias Schrom

 

Schrom gibt Strache auch gleich einige Personalempfehlungen, etwa Schauspieler Clemens Haipl als Channel-Manager für ORF1. Der ORF-Chefredakteur empfiehlt Strache dann auch seine Kritik an der ZiB24 bei Totzauer und Geier zu platzieren: „Die sollten schon merken, dass sie nicht unter dem Radar sind.“

Redakteursrat: „Mehr als daneben“

Schrom nahm am Freitag in einem Rundmail an die ORF-Redakteure zu den Chats Stellung: Der Chat-Verlauf habe „zugegebenermaßen keine glückliche Außenwirkung.“ „Relevant ist aber der Kontext, in dem das verfasst wurde. Diese Unterhaltung hat vor dem Hintergrund massiver Angriffe durch die FPÖ auf den ORF stattgefunden.“ Er habe sich bei den Verantwortlichen entschuldigt. Massive Kritik kommt vom Redakteursrat, der eine „ordentliche Aufarbeitung dieser Chat-Protokolle“ fordert. Einige Formulierungen Schroms seien „mehr als daneben. Sie vernadern die Redaktion auf unangebrachte Weise und beschädigen unseren Ruf, weil sie das Narrativ der FPÖ bedienen, der ORF wäre eine ,Linksfunk’“.

„Rotes Zeckenparadies geht allen auf die Nerven“

Auch Finanzinvestor und Exxpress.at-Eigentümer Alexander Schütz kommt in dem WKStA-Akt mit einer ORF-SMS an Strache vor: „Gratuliere zum ORF-Statement! Das rote zeckenparadies geht allen auf die nerven!!!“, schriebt Schütz im März 2019 an den damaligen Vizekanzler.

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