Gerade zu Ostern sorgt Papst Benedikt XVI. mit der Umformulierung einer Fürbitte weltweit für eine neue Eiszeit zwischen Christen und Juden.
Papst Benedikt XVI. tritt immer wieder in Fettnäpfchen, wenn es um die Auseinandersetzung mit anderen Religionen geht. In Regensburg schreckt er mit seinem Mohammed-Sager die islamische Welt auf, nun sorgt seine Karfreitagsfürbitte in der jüdischen Welt für Unmut. Nicht nur dort wird sie mittlerweile als „antisemitisch“ gebrandmarkt. Eigentlich wollte Papst Benedikt nur eine Fürbitte für die alte lateinische Messe neu formulieren. Doch mit zwei Zeilen löste er eine Welle der Empörung aus.
Beten für die Juden
In seiner neuformulierten
Karfreitagsfürbitte fordert der Papst dazu auf, für die „Erleuchtung“ der
Juden zu beten. Im Wortlaut heißt es: „Lasset uns auch beten für die Juden,
auf dass Gott unser Herr ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus als
den Retter aller Menschen erkennen.“ Ein unmissverständlicher Aufruf also an
alle Juden, den Glauben zu wechseln.
Kritik
Der Glaubenskonflikt zwischen Christen und Juden heizte
sich seit dieser Äußerung erneut an. „Der Papst hat jetzt bewiesen, dass ihm
ein gutes Verhältnis mit reaktionären Christen wichtiger ist als ein gutes
Verhältnis zu den Juden“, erklärt Paul Chaim Eisenberg, Oberrabbiner
Österreichs.
Scharfe Töne kamen auch vom Berliner Rabbiner Walter Homolka: „Wir haben sicher nicht die Erleuchtung durch die katholische Kirche nötig. Da vergreift sich die jüngere Schwester schwer im Ton.“
Befürworter
Unterstützung bekommt Papst Benedikt XVI. wie
erwartet aus den Reihen der eigenen Kirche. Die Fürbitte sei theologisch
völlig korrekt, das Christentum nun einmal eine missionierende Religion und
auch das Judentum sei selbstverständlich in diese Missionsbestrebungen
eingeschlossen. Salzburgs Weihbischof Andreas Laun kann die weltweite Kritik
an den Papst-Äußerungen nicht nachvollziehen. „Das ist ja schließlich ein
sehr schönes und völlig richtiges Gebet“, erklärte Laun im Gespräch mit
ÖSTERREICH. Auch in seiner Karfreitagspredigt fand die neu formulierte
Fürbitte „selbstverständlich“ ihren Platz.
Missverständnis
Insgesamt jedoch dürfte die umstrittene
Fürbitte allerdings nur in wenigen Kirchen zu hören gewesen sein, in
Oberösterreich etwa nur in der Minoritenkirche, wie es aus dem Büro von
Bischof Schwarz heißt. Auch Kirchenexperte Hubert Feichtlbauer erklärt im
ÖSTERREICH-Gespräch: „Ich bedaure die Umformulierung wegen der
Missverständlichkeit außerordentlich. Aber Gott sei Dank hat sie kaum jemand
zu hören bekommen.“
Feichtlbauer analysiert auch, warum der Papst zu dieser Formulierung gekommen ist: „Ich glaube, sein Unglück ist, dass er ein so perfektionistischer Theologe ist, dass er glaubt, mit den Formulierungen alles einfangen zu müssen, was theologisch je gedacht wurde. Hier handelt es sich also um Feinheiten, die theologisch zwar interessant sein mögen, für die Praxis aber verheerende Wirkungen haben können.“ Klärende Worte des Papstes in dieser Causa stehen bisher aus.
(mud)