Bundeskanzler im Interview

Kurz: '1. Steuerreform ohne neue Schulden'

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Die Regierung will Milliarden "im System" einsparen. 

Bundeskanzler Sebastian Kurz im Interview mit ÖSTERREICH. 

ÖSTERREICH: Die Regierung präsentiert kommende Woche die Steuerreform. Wo liegt der Schwerpunkt?

Sebastian Kurz: Ganz klar bei der Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen. Uns ist es besonders wichtig, dass arbeitenden Menschen endlich wieder mehr von ihrem Gehalt übrig bleibt. Genau das passiert mit dieser Steuerreform. Wir geben den Menschen das zurück, was ihnen der Staat über viele Jahre weggenommen hat.

ÖSTERREICH: Nach der Regierungsklausur im Jänner war ursprünglich von einem deutlich geringeren Volumen die Rede. Wo kommen die zusätzlichen zwei Milliarden Euro Entlastung jetzt her, die es pro Jahr geben soll?

Kurz: Wir schaffen das durch zusätzliche Einsparungen im System. Diese Steuerreform wird erstmals ohne neue Steuern und neue Schulden finanziert.

ÖSTERREICH: Das Entlastungs-Volumen beträgt inklusive dem Familienbonus 8,3 Milliarden Euro pro Jahr. Ist das die größte Steuerreform aller Zeiten?

Kurz: Es ist schon so oft mit Superlativen gearbeitet worden, ich möchte das bewusst nicht tun. Was mir aber wichtig ist: Es ist die erste Steuerreform in Österreich ohne neue Schulden!

ÖSTERREICH: Zuletzt hieß es, die Lohnsteuertarife sollen in den drei unteren Tarifstufen auf 20, 30 und 40  % gesenkt werden.

Kurz: Die Details wird das Finanzministerium kommende Woche bekannt geben. Was ich aber sagen kann: Die Entlastung wird großteils bei Lohn- und Einkommenssteuer sein und kleine und mittlere Einkommen betreffen.

ÖSTERREICH: Letzte Woche gab es viel Aufregung um das Ratten-Gedicht. Warum kommt es bei der FPÖ eigentlich immer wieder zu diesen „Einzelfällen“?

Kurz: Ich halte dieses Gedicht für widerlich. Das habe ich klar und deutlich gesagt. Insofern finde ich es wichtig, dass der Vizekanzler hier sofort Konsequenzen gezogen hat. Wenn es Fälle gibt, wo rote Linien überschritten werden, dann werde ich das immer kritisieren und klar Stellung beziehen.

ÖSTERREICH: Das Koalitionsklima wirkte zuletzt angespannt?

Kurz: Ich würde das anders bewerten. Die Abarbeitung des Regierungsübereinkommens funktioniert. Das sieht man ja gerade auch jetzt bei der Steuerreform. Wir arbeiten professionell zusammen. Aber Aussagen, die in der Gesellschaft keinen Platz haben, egal aus welchem Eck sie kommen, werde ich immer kritisieren.

ÖSTERREICH: Wirft der EU-Wahlkampf seine Schatten auf die Koalition? Ihr Kandidat Othmar Karas war zuletzt ja sehr angriffig gegenüber der FPÖ.

Kurz: Dass Wahlen zum europäischen Parlament stattfinden, ändert nichts daran, dass wir in der Regierung professionell arbeiten. Aber natürlich sind wir unterschiedliche Parteien, die hier in einer Wahl-Auseinandersetzung sind.

ÖSTERREICH: Die SPÖ wirft Ihnen vor, mit Ihrer Koalition mit der FPÖ ein Türöffner für Rechtsextremismus zu sein…

Kurz: Das ist scheinheilig. Die SPÖ wollte bekanntlich auf Bundesebene selbst mit der FPÖ koalieren und tut das jetzt auch auf unterschiedlichen politischen Ebenen wie in Linz und dem Burgenland. Die Parteichefin predigt hier offensichtlich Wasser und trinkt aber Wein.

ÖSTERREICH: Sie sind derzeit in China. Worum geht es bei Ihrer Reise?

Kurz: Wir haben ein Handelsvolumen von 13 Milliarden Euro mit China, jährlich kommen eine Million chinesische Touristen nach Österreich. China hat enormes wirtschaftliches Potenzial, die Entwicklung hier ist beeindruckend. Mir geht es ­darum, wie wir unsere Wirtschaftsbeziehungen weiter ausbauen können. Vor allem im Tourismus gibt es hier noch viele Möglichkeiten.

ÖSTERREICH: Warum wird ­Österreich der Seidenstraßen-­Initiative nicht beitreten?

Kurz: Wenn es hier Vorteile gibt, werden wir diese nützen. Es braucht aber hier ein einheitliches Vorgehen der EU. Österreich hat jedenfalls die EU-Kommission von Anfang an eingebunden.

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