Geheime Treffen, "Lügen"

Buwog-Prozess: Zeuge erneuert Vorwurf gegen Grasser und Co.

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Hochegger soll Skizze zur Bereicherung bei Projekten der Regierung gezeichnet haben - Hochegger dementiert - Wirbel um Treffen des Staatsanwalts mit Zeugen im Kaffeehaus.

Wien/Linz. Im Strafprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere wegen Korruptionsverdachts rund um die Bundeswohnungsprivatisierung und das Linzer Bürohaus Terminal Tower hat heute der Zeuge Willibald Berner seine bisherigen Vorwürfe wiederholt: Demnach habe ihm der Mitangeklagte Peter Hochegger im Jahr 2000 aufgezeichnet, wie man bei Privatisierungen und Großprojekten profitieren wolle.

Berner war damals im ersten Jahr der schwarz-blauen Bundesregierung von Wolfgang Schüssel (ÖVP) Kabinettschef von Infrastrukturminister Michael Schmid (FPÖ). Hochegger habe ihm bei einem Gespräch im Kaffeehaus des Hotel Imperial in Wien eine Skizze aufgezeichnet, dass es zwei Stränge von Personen gebe - einerseits Grasser, Walter Meischberger, Ernst Plech und ihn - und auf der anderen Seite der damalige FPÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, Berner, sowie weitere Haider-Vertraute. Diese Personen sollten über "Fees" an den Großprojekten mitschneiden, das Geld solle in eine von Hochegger gegründete liechtensteinische Gesellschaft fließen, deren Namen er nicht mehr wisse.

 

Berner war klar: Es gehe um illegale Geschäfte

Ihm sei klar gewesen, dass es da um illegale Geschäfte gehe, sagte Berner. Er habe abgelehnt, dabei mitzumachen. Die Staatsanwaltschaft sieht die Aussage von Berner als Beweis für einen gemeinschaftlichen Tatplan von Grasser, Meischberger, Hochegger und Plech, sich durch Korruption bei Staatsprojekten zu bereichern. Alle vier weisen dies jedoch entschieden zurück. Hochegger sagt, er habe nie so eine Skizze gezeichnet und Berner auch nie so ein Angebot gemacht.

Er habe von dem Gespräch mit Hochegger damals sofort seinem Chef, Minister Schmid erzählt, und später Haider bei einem persönlichen Treffen in Kärnten. Haider habe erwogen, darüber mit Schüssel zu sprechen, sollte sich Hochegger noch einmal an Berner wenden, sagte der Zeuge heute. Dies sei aber nicht mehr geschehen.
 

Berner zu zweiten Belastungszeugen befragt

Ausführlich wurde Berner zum zweiten Belastungszeugen Michael Ramprecht befragt. Er sei mit ihm befreundet und habe ihm nach dessen Nichtverlängerung als Chef der Bundesbeschaffungsagentur versucht zu helfen, weil Ramprecht damals von Grasser schwer enttäuscht gewesen sei, für den er früher so geschwärmt habe. "Enttäuschte Liebe", meinte Berner einige Male. Als Ramprecht dann im profil-Interview im Jahr 2009, nachdem die Zahlungen bei der Bundeswohnungsprivatisierung bekannt wurden, schwere Vorwürfe erhob, habe er ihn aus Gewissensgründen nicht alleine lassen können, und sein Wissen dem Staatsanwalt mitteilen müssen, so Berner, sonst hätte er sich nicht in den Spiegel schauen können.
 
Auch der frühere Soravia-Manager Martin Ohneberg spielte eine Rolle am heutigen Verhandlungstag: Berner traf ihn kurz vor seiner Aussage bei der Staatsanwaltschaft im Oktober 2009 in Wien auf der Straße. Dies bestätigt auch Ohneberg, über den Inhalt des Gesprächs gehen ihre Angaben aber auseinander: Laut Berner habe Ohneberg Michael Ramprecht viel Glück gewünscht und gesagt, er glaube aber nicht dass sein Vorhaben gelinge, denn bei uns - gemeint die Dorotheums-Privatisierung - habe er - gemeint Grasser - nur Bargeld genommen. Ohneberg stellt den Gesprächsverlauf anders dar, er habe nur hypothetisch gesprochen und nicht von konkreter Korruption.
 

Kurze Unruhe bei den Verteidigern 

Für kurze Unruhe bei den Verteidigern im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts sorgte Berner, als er erklärte dass er sich vor seiner Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft mit dem damals zuständigen Staatsanwalt Norbert Haslhofer in einem Kaffeehaus getroffen habe. Er habe vorher klären wollen, ob Haslhofer vertrauenswürdig und an Aufklärung interessiert sei, denn schließlich gebe es auch bei den Staatsanwälten Seilschaften. Grasser-Verteidiger Manfred Ainedter meldete sich zu Verhandlungsschluss zu Wort und fragte, ob nun eine Anzeige wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch erhoben werde - die Richterin verwies auf die Staatsanwaltschaft.
 
Die heutige Zeugenbefragung Berners, die den ganzen 102. Verhandlungstag im Prozess ausmachte, gestaltete sich im Vergleich zu anderen Aussagen ungewöhnlich, da Berner sich an sehr vieles erinnern konnte und Richterin Marion Hohenecker ausführliche Antworten gab. Als ihm die Richterin die Aussagen von anderen Angeklagten vorhielt, etwa dass Hochegger ihn ein "Schlitzohr" nannte, blieb Berner ungerührt und meinte, das sei nichts negatives für ihn.
 

So geht der Prozess morgen weiter 

Morgen, Donnerstag, steht einmal mehr Ramprecht im Zeugenstand. Grasser-Anwalt Norbert Wess wird dann seine Befragung fortsetzen, die zuletzt durchaus emotional verlief. Ramprecht fühlte sich durch Wess mehrfach provoziert und reagierte zusehends gereizt. So warf er Wess vor deshalb wiederholt die gleichen Fragen zu stellen weil bei ihm der "Taxometer" läuft. Grasser hatte in einem Interview vor einigen Monaten vorgerechnet, dass ihm der Prozess bereits mehr als eine Million Euro gekostet hat.
 
Ein Ende des Prozesses ist jedenfalls nicht absehbar. Heute wurden die Termine bis Weihnachten 2019 bekannt gegeben, auf den heute 102. Prozesstag sollen heuer noch 31 weitere Verhandlungstage folgen. Ein Angeklagter ist bereits verstorben, zwei Angeklagte sind seit langem aus gesundheitlichen Gründen vorerst nicht mehr verhandlungsfähig. Die Befragung von Berner konnte heute nicht abgeschlossen werden, er muss noch einmal kommen.
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