Franz Küberl schließt sich im ÖSTERREICH-Interview den Unterstützern von Arigona Zogaj an. Gefragt sei eine „menschliche Lösung“.
Die Caritas will auch weiterhin auf die Probleme der Menschen aufmerksam machen, sagt Präsident Franz Küberl im ÖSTERREICH-Weihnachtsinterview. Zum Verzweifeln sieht er keinen Grund.
ÖSTERREICH: Arigona Zogaj wird Österreich im Sommer verlassen müssen. Was sagen sie Innenminister Günther Platter jetzt zu Weihnachen?
Franz Küberl: Dass er doch noch aus der Sache herauskommen und zu einer menschlichen Lösung finden soll. Über humanitäre Aufenthaltsbewilligungen müssen künftig die Landeshauptleuten entscheiden. Die sind einfach näher an den Menschen dran.
ÖSTERREICH: Ist die Entscheidung Günther Platters eines Politikers einer christlichen Partei würdig?
Küberl: Es ist seine Entscheidung, die hat er zu verantworten. Ich bin nicht einer, der mit dem erhobenen Zeigefinger kommt und Personen moralistisch bewertet.
ÖSTERREICH: Wie wäre eine Lösung bei der 24-Stunden-Pflege möglich?
Küberl: Es müssten gleichzeitig mehrere Dinge passieren, und das fällt der Politik nie leicht. Es wäre gut, wenn die Politiker einmal den „Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil lesen würden. Dort kommt nämlich die Parallel-Aktion vor. Und eine solche wäre jetzt nötig.
ÖSTERREICH: Das heißt konkret?
Küberl: Man muss zu einer klaren Formel kommen, damit Pflege daheim leistbar wird. Wir brauchen dafür Steuermittel – die Caritas hat einen Pflegelasten-Ausgleichsfonds vorgeschlagen. Derzeit haben wir auch eine Lücke bei der Pflege zwischen vier und 24 Stunden Bedarf pro Tag. Bei den Pflegeheimen muss die Qualität gesichert werden.
ÖSTERREICH: Die Caritas macht auch immer wieder auf die Armut aufmerksam: 420.000 Menschen gelten in Österreich als arm, weitere 580.000 als armutsgefährdet. Was wünschen Sie sich für diese Menschen zu Weihnachten?
Küberl: Die von der Regierung versprochene Mindestsicherung ist ein Mosaikstein, es wäre aber mehr notwendig: Der völlig ausgetrocknete soziale Wohnbau in Österreich gehört wiederbelebt. Es ist unerträglich, dass Gesundheit und Armut weiter Zwillinge sind. Und: Die Politik muss dringend dafür sorgen, dass Bildung die Armut bricht. Das gelingt der Schule einfach nicht.
ÖSTERREICH: Wäre die Gesamtschule ein Rezept?
Küberl: Der Name der Schulform ist zweitrangig, ich habe aber kein ideologisches Problem mit der Gesamtschule. Nötig ist auch ein verpflichtendes Vorschuljahr – und zwar nicht nur für Migranten. Auch österreichische Kinder brauchen in vielen Fällen eine Vorbereitung auf die Volksschule.
ÖSTERREICH: Pflege, Armut Asyl, die Probleme werden, so scheint’s, immer großer. Verzweifeln Sie manchmal an diesen Politikern?
Küberl: Nein, ich muss die Probleme der Menschen in Not ansprechen und auf sie aufmerksam machen. Das ist die Aufgabe der Caritas, da darf man nicht verzweifeln. Es geht um das Kind in der Krippe, diese Gnade soll allen zugute kommen.