In den Städten und Ländern werden die Gegner des Vorhabens immer lauter. Selbst in der FPÖ gibt es kritische Stimmen.
Die türkis-blaue Bundesregierung wird die Öffnung der Busspuren für E-Fahrzeuge erzwingen, falls die Städte dazu nicht freiwillig bereit sind. Das hat Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) am Mittwoch vor dem Ministerrat erklärt. Sollten die Gespräche dafür scheitern, "machen wir das über die StVO", sagte er in Richtung Wien und Graz.
Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) stellte immerhin eine zeitliche Begrenzung als Möglichkeit in den Raum. Sollte sich beispielsweise in fünf Jahren zeigen, dass durch die Zunahme der E-Autos der öffentliche Verkehr behindert werde, "kann man diese Maßnahme wieder zurückziehen", erläuterte die Ministerin.
Das Maßnahmenpaket sei als Anreiz für den Umstieg auf die E-Mobilität gedacht, um Emissionen im Straßenverkehr zu reduzieren. Erreichen will man das auch durch Parkgebührenbefreiungen und die Aufhebung des Luft-Hunderters auf Autobahnen für E-Mobile, die in den entsprechenden Bereichen dann wieder 130 km/h fahren dürfen.
Dass Letzteres die Unfallgefahr wegen der Geschwindigkeitsunterschiede zu Autos mit Verbrennungsmotor erhöhen könnte, wies Hofer zurück. Er erinnerte daran, dass dort schon jetzt ein 60er-Limit für Lkw in der Nacht gelte, was ja noch eine höhere Geschwindigkeitsdifferenz bedinge.
Einem generellen 100-km/h-Limit auf Autobahnen, wie es Experten aus Umweltschutzgründen zuletzt vorgeschlagen haben, erteilte Hofer eine Absage. Das Ziel sei ein dekarbonisierter Verkehr, und ob der mit 110, 120 oder 130 km/h unterwegs sei, sei - wie bei der Bahn - unerheblich. Man habe Milliarden in ein leistungsfähiges Autobahnnetz investiert; da wäre es "schade", wenn man nicht schneller als auf Bundesstraßen fahren dürfte.
Wien will Busspur-Öffnung jedenfalls verhindern
Im Wiener Rathaus ist am Mittwoch das Nein zu einer Öffnung der Busspuren für Elektroautos bekräftigt worden. "Wir werden alles dafür tun, dass das nicht kommt", betonte ein Sprecher von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne). Auch die Wiener Linien sprachen sich klar dagegen aus.
Betont wurde, dass die Bevorzugung der Busse bei Ampeln dann nicht mehr möglich wäre. Denn diese wird von den Buslenkern derzeit selbst geschaltet, wie der Sprecher der Verkehrsstadträtin erläuterte. Steht der Bus hinter mehreren Pkw, sei die Beeinflussung nicht mehr möglich. "Wir sind für die Förderung von Elektromobilität, aber richtig", beteuerte er.
Wiener Linien: Bevorrangung hat "oberste Priorität"
Laut einer Aussendung der Wiener Linien fahren jährlich 200 Millionen Fahrgäste mit den fast 130 Buslinien. Die Bevorrangung habe deshalb "oberste Priorität". Eigene Busspuren seien, so wie auch eigenständige Gleiskörper, für das schnelle Weiterkommen der Fahrgäste sowie das Einhalten der Intervalle unabdingbar, hieß es.
"Die Wiener Linien sind keinesfalls gegen E-Mobilität, denn unsere Flotte ist bereits zu 80 Prozent rein elektrisch und damit abgasfrei unterwegs. Wer emissionsfrei in Wien unterwegs sein möchte, der steigt auf die Öffis um und nicht ins E-Auto ein. Autos, egal, mit welchem Antrieb sie ausgestattet sind, sorgen auf den Busspuren für Verzögerungen und machen den öffentlichen Verkehr langsamer. Diese Verzögerungen führen zu einem Zeitverlust bei den Fahrgästen und in weiterer Folge zu einem Umstieg von den Öffis auf das Auto. Und genau das wollen weder wir, noch die Stadt Wien", sagte Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer.
Verwiesen wurde auch auf die Statistik: Während in einem Gelenkbus 100 Menschen und mehr Platz finden, sitzen in einem Auto im Schnitt nur 1,2 Personen. Das gelte auch für E-Autos, wie betont wurde. Der öffentliche Verkehr nutze die vorhandene Fläche deutlich effizienter. "Wir hätten gerne weiterhin eine Busspur für unsere Busse - der Name ist Programm", sagte eine Wiener-Linien-Sprecherin zur APA.
SPÖ gegen Busspur-Öffnung für Elektroautos
Die SPÖ kann den Plänen der Bundesregierung, Busspuren für Elektroautos zu öffnen, nichts abgewinnen. "Warum es gut für die Umwelt sein soll, wenn die Busse im Stau stehen, das versteht niemand", sagte Verkehrssprecher Alois Stöger am Mittwoch. E-Autos brauchen zudem gleich viel Platz zum Parken wie Benzin- oder Dieselautos, merkte er an. Die NEOS reagierten "grundsätzlich wohlwollend".
Der Regierung sei "verkehrspolitisch und umweltpolitisch planlos", kritisierte Stöger in einer Aussendung. E-Mobilität werde völlig zurecht steuerlich begünstigt. Eine vernünftige Politik, die E-Mobilität fördern will, würde zudem auf technologische Entwicklung und auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur setzen, erläuterte der SPÖ-Verkehrssprecher.
"Der Umstieg auf E-Autos muss durch eine Attraktivierung dieser Fortbewegungsmittel unterstützt werden. Neben dem Ausbau des Ladestationen-Netzes sind Vorteile wie die Ausnahme vom 'Lufthunderter' oder beim Parken ein richtiger Ansatz", reagierte dagegen NEOS-Verkehrssprecher Douglas Hoyos auf das Maßnahmenpaket.
"So wichtig der Ausbau der E-Mobilität auch ist, die Bundesregierung hat keinerlei Problembewusstsein dafür erkennen lassen, dass sie nur klimawirksam ist, wenn der Strom, der getankt wird, tatsächlich aus erneuerbaren Quellen kommt, das muss sichergestellt sein", kamen auch kritische Worte von Hoyos. "Und wenn der Bundesregierung Klimapolitik wirklich ein Anliegen ist, würde sie das Projekt 140 auf der Autobahn nicht trotz Kritik des Umweltbundesamtes durchziehen."
Selbst in der FPÖ kritische Stimmen
Oberösterreich sehen sowohl Infrastrukturlandesrat Günther Steinkellner (FPÖ) als auch Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) die Ausnahme für E-Autos beim "Luft-100er" auf Autobahnen positiv. Skeptisch sind Anschober und der Linzer Infrastruktur-Stadtrat Markus Hein (FPÖ) was die Öffnung von Busspuren betrifft, Gratis-Parken für E-Autos gibt es in Linz und Wels bereits.
Steinkellner und Anschober meinen, elektronisch betriebene Fahrzeuge sollen in den Autobahn-Zonen mit Tempolimits laut Immissionsschutzgesetz-Luft 130 km/h fahren dürfen - "sofern Sicherheitsfragen geklärt sind", schickte Anschober hinterher. Auch bezüglich der Öffnung von Busspuren sind sich FPÖ und Grüne einig, nämlich äußerst skeptisch. Sobald die Maßnahme greife und mehr Pkw unterwegs sind, herrsche dann auch auf dieser Spur Stau und dann "ist der Sinn blockiert", sagte Anschober.
In Norwegen, das E-Mobilität gefördert und eben auch die Busspur dafür geöffnet habe, sei dies schon der Fall, erzählte Hein. Die Busspur solle dem öffentlichen Verkehr vorbehalten bleiben, um ihn - auch zeitlich - attraktiv zu halten. Anschober ist "grundsätzlich für alles zu haben, was E-Mobilität attraktiver macht". Er würde aber bei der Finanzierung ansetzen und in erster Linie die Anschaffung solcher Fahrzeuge fördern, denn der Preis sei eine der Problemzonen. Bei der zweiten, der Reichweite, passiere schon viel.