Im 71. Lebensjahr

Ex-ÖVP-Generalsekretär Graff verstorben

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Der frühere ÖVP-Generalsekretär Michael Graff ist im 71. Lebensjahr verstorben.

Ein Trauergottesdienst findet am 20. August in der Wiener Schottenkirche statt. Graff starb bereits am 29. Juli, auf Wunsch der Familie wurde die Todesnachricht jedoch erst am heutigen Donnerstag bekanntgegeben. VP-Generalsekretär Hannes Missethon würdigte Graff als geradlinigen Politiker und aufrichtigen Demokraten.

15 Jahre aktiv in der Poltik
Von 1982 bis 1987 fungierte Graff als Generalsekretär der ÖVP und anschließend als Justizsprecher im Nationalrat. Ende 1995 kehrte der CVer in seine Kanzlei in der Wiener Innenstadt zurück und war dann u.a. Verteidiger im Korneuburger Baukartell-Prozess. Bis vor eineinhalb Jahren deponierte der nie recht zurückhaltende Graff noch so manchen Kommentar - in der Regel scharfe Kritik an Ex-VP-Chef Wolfgang Schüssel.

Umstrittene Aussage
Neben seinem von allen Parteien anerkannten Wirken in der Justizpolitik wird von Graff wohl vor allem seine Aussage im Präsidentschaftswahlkampf Kurt Waldheims im Jahr 1987 in Erinnerung bleiben, die er letztlich selbst als "unmöglich" qualifizierte: "Solange er nicht sechs Juden eigenhändig erwürgt hat..." kostete ihn den Posten des Generalsekretärs. In die damals noch in der Kärntner Straße angesiedelten ÖVP-Zentrale geholt worden war er im März 1982 von Alois Mock.

Schon zuvor hatte der am 2. Oktober 1937 in Wien geborene CVer - ein Absolvent des Schottengymnasiums - ein erstes kurzes Zwischenspiel in der der Politik bei Josef Klaus absolviert, sich zunächst aber der Juristenkarriere gewidmet. Nach seinem Rücktritt als Generalsekretär behielt Graff sein Nationalratsmandat (das er seit 1983 inne hatte) und gestaltete als VP-Justizsprecher und Vorsitzender des Justizausschusses die Justizpolitik entscheidend mit. Auf seine Initiative wurde die Untersuchungshaft reformiert und die Grundrechtsbeschwerde beim OGH geschaffen. Graff verhalf auch dem Vorschlag Simon Wiesenthals zur Durchsetzung, die Strafdrohungen des Verbotsgesetzes herabzusetzen, was zu deutlich mehr Verurteilungen wegen Wiederbetätigung führte.

Nicht immer auf Parteilinie
Schon damals schwamm Graff nicht immer auf Parteilinie und nahm sich kein Blatt vor den Mund - etwa als er im Sommer 1993 das Aufenthaltsgesetz "verfassungswidrig und inhuman" nannte. Sein Eingeständnis, er habe es mitbeschlossen, ohne es zuvor zu lesen, wurde zum häufig gebrauchten Zitat.

Scharmützel mit Schüssel
Zwei Jahre später, unter der neuen Parteiführung mit Wolfgang Schüssel, kam das Aus für Graffs politische Tätigkeit. Das Wirken des neuen Parteichefs reizte den Nur-Mehr-Anwalt - eine Bewerbung zum Verfassungsrichter 1997 war nicht erfolgreich - aber zu so manchem Zwischenruf. Mit seiner Ansage "Ich werde in der ÖVP das liberale Flämmchen etwas hüten, damit nicht der konservative Feuersturm alles erfaßt" verärgerte er Schüssel schon im September 1995. Im Jahr darauf attestierte er ihm, dass die ÖVP "schlecht geführt" werde, 1997 kommentierte Graff die Amsterdamer "Frühstücksaffäre" um Schüssel mit den Worten: "Ein überführter Lügner an der Spitze ist wohl keine Reklame für eine christliche Partei."

Die verlorene Wahl 2006 war für Graff die letzte Gelegenheit, noch einmal mit Schüssel abzurechnen. Als erster ÖVP-Altgrande deponierte er eine Rücktrittsaufforderung: "Ich sage: Schüssel muss gehen. Er hat einen Scherbenhaufen angerichtet - nach vielen großen Leistungen. Er kann jetzt nicht mehr weiter herum tricksen, es soll sich endlich ausgetrickst haben." Schon damals war er überzeugt, dass Schüssel nur Neuwahlen anstrebte: "Für Schüssel steht in erster Linie seine Person im Vordergrund", befand Graff. Dennoch war er in der ÖVP keine "persona non grata": 2004 nominierte ihn die Partei in das Schiedsgericht des Fairnessabkommens im Präsidentschaftswahlkampf. Und der aktuelle Generalsekretär Hannes Missethon nannte Graff als sein Vorbild, weil er ihm "von der Statur her" gefällt. Eine der Zukunftshoffnungen der ÖVP "lernte" in jungen Jahren bei Graff: Wissenschaftsminister Johannes Hahn war von 1983 bis 1985 persönlicher Sekretär des damaligen Generalsekretärs.

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