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Wenn Putin den Hahn zudreht

Gas-Stopp? Das ist Gewesslers Notfallplan

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Während Russland Polen und Bulgarien von der Gasversorgung abschneidet, wird Österreich weiter beliefert. Doch was passiert im Notfall?

Einen vollständigen Ausfall der Gaslieferung vom einen Tag auf den anderen bezeichnet Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) als absoluten "Worst-Case". Ein solches Szenario hätte massive Auswirkungen auf alle Länder, die von russischem Erdgas in höherem Ausmaß abhängig sind – so auch Österreich. Etwa 80 Prozent des heimischen Gas-Bedarfs werden von Russland abgedeckt.

"In so einem Fall würden wir im Krisenkabinett der Bundesregierung eine Einschätzung treffen, was uns erwartet", erklärt Gewessler. Je nachdem, wie lang dieser Zustand dauert, würden Energielenkungsmaßnahmen umgesetzt. Und diese könnten für viele Bereiche drastisch ausfallen.

Industrie müsste Gas rationieren

Gewessler: "Das reicht im Extremfall bis dorthin, dass größere Industriebetriebe ihre Versorgung müssten, damit die Versorgung der Haushalte, der sozialen Dienste, der Krankenhäuser und von systemrelevanter Infrastruktur im Strombereich gesichert ist." Wollen könne das niemand, deshalb "werden wir alles dafür tun, damit dieser Zustand nicht eintritt."

80 Prozent Notreserve für Winter geplant

Bereits am 24. März war im Nationalrat eine Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes beschlossen worden, mit der die Anlegung von strategischen Gas-Reserven in Österreich fixiert wurde. Um die nun am Mittwoch beschlossene Speichermenge von 80 Prozent im kommenden Winter abzusichern, werden durch eine Novelle des Bundesfinanzgesetzes 1,6 Mrd. Euro budgetiert und darüber hinaus ermöglicht, im Bedarfsfall maximal weitere 5 Milliarden Euro für diese Zwecke heranzuziehen (über den Weg einer sogenannten "Überschreitungs-Ermächtigung").

Derzeit sind laut Gewessler 16,7 Terawattstunden an Gas eingespeichert. Dies entspreche einem Füllstand von rund 18 Prozent, wobei die Ministerin darauf hinwies, dass Österreich über "sehr große" Speicher verfüge.

Speicherauffüllung nicht ohne russisches Gas

Der Haken: "Wir müssen so offen und ehrlich sein: Das wird nicht ohne russisches Gas gehen über dieses Sommer. Aber wir tun jetzt schon alles, um zu diversifizieren", betont Gewessler. Die EU-Kommission koordiniert die Mitgliedsstaaten, um "gemeinsam die Einkaufskraft zu bündeln". Österreich habe für dieses Jahr bereits einen hohen Bedarf an Gas angemeldet. "Wir werden alles dafür tun, dass wir diesen Bedarf auch materialisieren", so Gewessler.

Mittel- und langfristig seien für die Ressortchefin aber weitere Schritte nötig. "Volle Speicher sind eine Versicherung, ein Puffer für nächsten Winter. Volle Speicher sind aber keine Lösung für unser Problem" – nämlich die Abhängigkeit von russischem Erdgas.

Lösung von Russland frühestens 2027

Ab 2027 könnte Österreich allerdings ohne russisches Gas auskommen, müsste dazu aber innerhalb von fünf Jahren den Gasverbrauch um ein Viertel senken, die Importe aus anderen Staaten verdreifachen und die Eigenproduktion von Biogas und grünem Wasserstoff aufbauen, zeigt eine Studie der Energieagentur im Auftrag des Klimaschutzministeriums.
 

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