Ein Kommentar zum aktuellen Wahlkampfgeschehen von Gerald Grosz.
Neue Lage, 59 Tage. Wenn sich zwei streiten, freut sich bekanntlich der Dritte. Diese Weisheit dürfte ÖVP und SPÖ offenbar gänzlich entgangen sein. Täglich, stündlich dreschen sich die intellektuellen Speerspitzen der beiden Altparteien rhetorisch den Schädel ein und erbringen somit wenigstens den durchschlagenden Beweis, dass die Berufsbezeichnung Generalsekretär doch vom Wort Sekret abstammt. Und während Türkis/Schwarz und Rot in ihre allseits bekannten Muster verfallen, die verbalen Mittelstreckenraketen zwischen der Lichtenfelsgasse (VP-Bastion) und der Löwelstraße (rotes Hauptquartier) hin und her fliegen, sitzt am Strand von Ibiza der ehemalige Vizekanzler HC Strache samt Ehefrau und Sohnemann, baut Sandburgen und erfreut sich seines Lebens.
Wozu ist der monate-lange Stillstand nötig?
Denn er weiß längst: Selbst nach seinem Abgang wird seine FPÖ mit dem bürgerlichen Verbinder Hofer und dem restriktiven Angreifer Kickl der lachende Dritte sein und sich eine qualifizierte Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher fragen, wofür dieser Wahnsinn, dieser monatelange Stillstand denn eigentlich notwendig war.
Die Freiheitlichen sitzen derzeit erste Reihe fußfrei und halten sich vor lauter Lachen die Bäuche über die Schmutzkübelstrategie von Türkis und Rot. Beide Parteien sind auf dem besten Wege, sich am 29. September selbst zu schreddern.
Welcher Depp hat den Neuwahl-Rat gegeben?
Ritsch, ratsch – und Sebastian Kurz wird sich längst insgeheim gefragt haben, welcher Depp in den eigenen Reihen ihm den „wohlmeinenden Rat“ zu Neuwahlen gegeben hat. Die FPÖ bringt zwischenzeitlich ihre Wahlkampfthemen unters Volk. Denn die Integrationsdebatte wird dank der Nachwehen aus 2015 und dem täglichen „Einzelfall“ auch diesmal beherrschend sein. Die GrünInnen surfen derweil gekonnt auf der Klimahysterie, jeder Hitzetag beschert Kogler und Co. eine reiche Ernte im Herbst. Einzig Rot und Türkis beschäftigen sich mit sich selbst und zeigen somit ihren potenziellen Wählerinnen und Wählern, dass eine Neuauflage der bereits mehrmals gescheiterten Großen Koalition nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann und darf.