Wiener Parteichefin: 'Man darf nicht vergessen: Wir sind eine 14-Prozent-Partei' - Wahlversprechen bei Klimaschutz, Armutsbekämpfung und Transparenz gehalten.
Wien. Wiens Grünen-Chefin Birgit Hebein sieht im türkis-grünen Pakt, den sie als Mitglied des Kernteams federführend mitverhandelt hat, vieles gelungen. "Wir haben im Bereich Klimaschutz, Armutsbekämpfung und Transparenz unseren Wählerinnen und Wählern einiges versprochen und das halten wir auch", sagte sie der APA am Freitag. Dennoch gebe es einige "schmerzhafte Punkte - vor allem im Asylbereich".
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
© zvg
"Natürlich sind Teile im Asylbereich schmerzhaft bzw. dass der Arbeitsbereich zur ÖVP gewandert ist. Aber man darf nicht vergessen: Wir sind eine 14-Prozent-Partei und wir übernehmen jetzt eine große Verantwortung für das Land. Dass es Kompromisse geben wird und geben muss, war von vornherein klar", zeigte sich Hebein realistisch. Dinge wie die Sicherungshaft oder das Kopftuchverbot für Schülerinnen bis 14 Jahre seien der ÖVP offensichtlich wichtig gewesen.
Dass die ÖVP den festgeschriebenen Spielraum, wonach im Fall einer erneuten Flüchtlingskrise und einer Nicht-Einigung im Umgang damit andere Mehrheiten erlaubt sind, für eine Flüchtlingspolitik mit der FPÖ und damit an den Grünen vorbei nutzen könnte, befürchtet Hebein nicht - denn: "Wenn es soweit kommt, ist es ein Ausdruck einer nicht funktionierenden Koalition." Außerdem sei dieser Passus "ausnahmslos für den Notfall gedacht".
Dass die noch ohne jegliche Details angekündigte Ökosoziale Steuerreform erst 2022 kommen soll, stört Hebein nicht. Dieser Zeitraum sei "realistisch - noch dazu, wenn man alle Beteiligten einbeziehen möchte". Es gebe aber darüber hinaus zahlreiche Klimamaßnahmen, verwies sie auf die beiden Öffi-Verkehrsmilliarden, den Auslaufplan für fossile Heizungen oder die geplanten billigen Öffi-Jahreskarten, wonach man um einen Euro pro Bundesland, zwei Euro in zwei Bundesländern und um drei Euro in ganz Österreich unterwegs sein kann. Letzteres soll "so schnell wie möglich" umgesetzt werden.
Auch in anderen Bereichen sei einiges erreicht worden - von der anvisierten Halbierung der Kinderarmut über mehr Geld für Gewaltschutz von Frauen bis zum Aus für Löhne unter den niedrigsten Kollektivvertragsgehältern.
Die Zurückführung der Mindestsicherung in Länderkompetenz begrüßt Hebein, die die Sozialagenden federführend ausverhandelt auch. Auch wenn sie grundsätzlich für eine bundeseinheitliche Lösung plädiert habe - es sei hier keine zufriedenstellende Einigung mit der ÖVP möglich gewesen: "Die Länder haben jetzt das Pouvoir, selbst die Sozialhilfe zu gestalten. Das ist mir lieber als keine guten Kompromisse in der Frage einzugehen." Und: Die Wiener Mindestsicherung könne dadurch bestehen bleiben.
Ob die Wiener Verkehrsstadträtin durch das künftig Grün-besetzte Verkehrs- und Infrastrukturministerium höhere Chancen sieht, ungeliebte Projekte wie den Lobautunnel oder die 3. Piste am Flughafen Wien-Schwechat doch noch zu stoppen, wollte Hebein nicht direkt beantworten. Türkis-Grün habe sich geeinigt, Großprojekte mit Blick auf das Klima zu überprüfen: "Das ist der Stand der Dinge - nicht mehr und nicht weniger."
Einen raueren Ton in der Rathaus-Koalition erwartet sie angesichts der von der Wiener SPÖ schon geäußerten Kritik am türkis-grünen Regierungsprogramm nicht. "Nein. Wir haben eine aufrechte gute Koalition und noch einige Vorhaben." Eine etwaige Abwanderung von Wählern bei der Wien-Wahl im Herbst will Hebein mit einer "glaubwürdigen Politik und im Dialog mit der Bevölkerung" entgegentreten. Kompromisse seien Teil der Demokratie - egal ob im Bund oder in Wien.
Nicht prognostizieren wollte Hebein, ob die Wiener Grün-Delegierten am morgigen Bundeskongress geschlossen für das Abkommen stimmen werden. "Das werden wir sehen." Es habe am Donnerstag noch einen "stundenlangen, ehrlichen und differenzierten Diskurs" gegeben, sie vertraue jedenfalls sehr auf die Basis. Sie selbst habe jedenfalls eine klare Empfehlung dafür abgegeben, für den Pakt zu stimmen. Denn sie verstehe die jetzige Situation als "Aufatmen nach Schwarz-Blau und eine Chance auf Veränderung" in dem Sinn, "dass nicht nur zwischen Schwarz und Grün Brücken gebaut sind, sondern auch zwischen Stadt und Land und zwischen Wien und dem Bund."