Inspektion: Was passiert in der größten und teuersten Baustelle Österreichs tatsächlich? Der INSIDER bekam eine exklusive Führung durch das Parlament.
Gummistiefel an, Helm auf: Noch zwei Jahre wird am und im Hohen Haus am Ring gebaut – wir waren vor Ort. Die Baukosten steigen weiter, vor allem aufgrund der Coronakrise.
Wien. Vom noch sehr spärlich beleuchteten dunklen Keller geht’s über Bauschutt und Holzplanken zum Stiegenhaus. Das Hohe Haus am Ring ist tatsächlich nicht niedrig: acht Stockwerke, gewaltige Raumhöhen. Bis zum Plenarsaal ist der Aufstieg auch aufgrund der Mund-Nasenschutz-Maske ziemlich anstrengend. „Hier sehen wir von unten bereits die fertiggestellte Glaskuppel“, zeigt Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka neben dem INSIDER-Team im Gerüstgewirr nach oben.
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Nationalratspräsident führt durch acht Stockwerke
Prachtbau. Wo im Herbst 2022 die Abgeordneten die ersten Ordnungsrufe einfangen werden, ist es jetzt noch richtig schmutzig: An fast jeder Ecke des Parlaments wird gebaut, gefräst, gemalt. Bis zu 300 Arbeitskräfte sind zeitgleich im Einsatz, in den Hallen stapeln sich Verschalungsmaterial und Kabelrollen. „In manchen Teilen des Hauses sind wir wirklich schon weit“, dirigiert Wolfgang Sobotka das INSIDER-Kamerateam in die bereits fertiggestellten Klubräumlichkeiten, die in zwei Jahren die FPÖ beziehen wird.
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Am Dach des Hohen Hauses ist noch deutlich mehr zu tun: Durch die neue Gastronomie im obersten Stock des Parlaments geht die Führung bis dicht unter die Skulptur der Quadriga, den zweirädrigen Wagen mit vier nebeneinandergespannten Pferden, auf dem 30 Meter hohen Eckturm beim Schmerlingplatz. Drei Baukräne fädeln noch mehr Baumaterial durch die Dachluken ins Innere des 13.687 Quadratmeter großen Parlaments.
Kosten. Für alle Steuerzahler nicht unwesentlich: Das Bauvorhaben wird noch mehr kosten als die ohnehin kalkulierten 340 Millionen Euro. Wie der INSIDER aus Quellen des Budgetausschusses des Nationalrats erfahren hat, dürften die Baukosten um 20 %, also 68 Millionen, auf 408 Millionen Euro steigen.
Dieser Kostenrahmen wurde jetzt auch vom Ausschuss abgesegnet. Ein Abgeordneter des Nationalrats berichtet: „Alleine die Probleme durch die erste Corona-Welle sorgten für eine Verteuerung um 18 Millionen Euro.“
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Mit der neuen Corona-Welle müsse ein weiterer Anstieg der Ausgaben einkalkuliert werden: ausgefallene Mitarbeiter, Probleme bei den Lieferketten, phasenweiser Stillstand auf der Baustelle. Der Zeitrahmen soll aber trotzdem halten: Im Frühjahr 2022 beginnt der Umzug von den Containerquartieren am Heldenplatz und beim Palmenhaus zurück ins Hohe Haus. Auch die 360.000 Bücher der Parlamentsbibliothek werden dann wieder vom Palais Epstein ins Parlament zurückgetragen.