ÖGB-Geheimplan gegen 12-Stunden-Tag

Jetzt droht auch Flughafen-Streik

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Wien, Graz und Linz waren gestern die Hotspots im Kampf gegen den 12-Stunden-Tag.

Streik. Mit mehr als 200 ­Betriebsversammlungen in ganz Österreich sorgten die ÖBB für den Start des Kampfes – in Graz standen sogar die Öffis still. Mindestens 10.000 Menschen hätten sich über „die unsozialen Einschnitte der Bundesregierung“ informiert, so Vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit. Verspätungen und Ausfälle seien „trotz aller Unannehmlichkeiten in überschaubarem Ausmaß geblieben“, atmete ÖBB-Sprecher Robert Lechner auf. Rund 250 Züge von täglich 5.000 sind ausgefallen.

Große Betriebe wie OMV, Voest, Andritz sind dabei

Kampf. Das dicke Ende könnte aber erst kommen: „Insgesamt wurden bis Donnerstag 1.400 Betriebsversammlungen quer durch alle Branchen gemeldet“, erklärte Nationalratsabgeordneter und ÖGB-Vertreter Josef Muchitsch (SPÖ). Gestern und heute „sind vor allem die großen Industriebetriebe wie Voest, Andritz oder OMV“ dabei, wie ÖGB-Sprecher Martin Panholzer gegenüber ÖSTERREICH erklärte. Von Tourismus über Gesundheitsberufe bis hin zu Sicherheit und Handel werden praktisch alle Branchen beteiligt sein, massive Folgen sind damit also kaum zu verhindern.

Jetzt kommt Streiksommer. Wird das Gesetz am Donnerstag wie geplant beschlossen, wartet ein heißer Sommer. Ein hochrangiger Gewerkschafter erklärt den Fahrplan gegenüber ÖSTERREICH:

  • Bereits am Freitag soll es erste große Protestaktionen geben.

  • Am Montag wird es in ­allen neun Bundesländern Pressekonferenzen geben. Dabei soll an die Länder­vertreter appelliert werden, das Gesetz im Bundesrat zu blockieren.

  • „Danach könnte es Streiks geben. Einige Gewerkschafter sprechen bereits offen über einen Generalstreik am Flughafen, beispielsweise bei der Austro Control“, so der Insider. Mitten in der Urlaubssaison würde ein Flughafenstreik für Megachaos sorgen.

Experte: ÖBB-Aktionen sind ungesetzlich

Rechtsfrage. Franz Marhold, einst ÖVP-naher ORF-Stiftungsrat und Vorstand des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht an der WU Wien, ortet indes juristische Pro­bleme bei den Betriebsversammlungen: „Sie sind rechtlich nicht gedeckt. Minimalvoraussetzung für Betriebsversammlungen ist, dass man davon betroffen ist. Die ÖBB sind aber nicht betroffen, sie haben den 13-Stunden-Tag bereits im Kollektivvertrag“, so Marhold gegenüber ÖSTERREICH.

Video zum Thema: Fellner! Live: Muchitsch zum 12-Stunden-Tag

SP-Nationalrat und Gewerkschafter Muchitsch: "Die Regierung kann sich Wirbel ersparen"

ÖSTERREICH: Die ÖBB-Mitarbeiter haben für den Auftakt gesorgt, wie geht es weiter?

Josef Muchitsch:
Bis ­Donnerstag sind insgesamt 1.400 Betriebsversammlungen quer durch alle Branchen gemeldet worden.

ÖSTERREICH:
Was soll damit erreicht werden?

Muchitsch:
Wir wollen Mitarbeiter informieren, wie sich das neue Arbeitszeitgesetz auf sie auswirken kann. Wenn sogar die Wirtschaftsministerin aufruft, es nicht auszunützen, dann weiß man, was es geschlagen hat.

ÖSTERREICH:
Glauben Sie, dass man Erfolg haben wird?

Muchitsch:
Ich hoffe, dass bis Donnerstag noch Vernunft einkehrt und es eine Begutachtung über den Sommer gibt.

ÖSTERREICH:
Warum ist das so wichtig?

Muchitsch:
Der Bundes­regierung muss bewusst sein, dass das Gesetz offene Fragen birgt. Sie sagen ja selber, dass Giftzähne gezogen wurden. Das ist ein Eingeständnis von Schwarz-Blau. Aber es sind noch ausreichend drin. Den vorprogrammierten Wirbel kann sich die Regierung ersparen, wenn sie eine Begutachtung bis Herbst zulässt.

ÖSTERREICH:
Und wenn die Regierungspläne Realität werden?

Muchitsch:
Dann werden wir unsere Aktionen und Aufklärungskampagnen fortsetzen. Und zwar mit allen möglichen Instrumenten, die uns als geeignet erscheinen.

Kurz peitscht das Arbeitszeitgesetz durch

Trotz Megaprotest in Wien und mehr als 1.600 Betriebsversammlungen.

Nationalrat.
Am Donnerstag wird das neue und umstrittene Arbeitszeitgesetz inklusive 12-Stunden-Tag Realität. Ab 9 Uhr läuft die Sitzung, in der die Regierung von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) das Gesetz mit Unterstützung der FPÖ durch den Nationalrat peitschen wird.

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