Der Atib-Verein zeigt sich über die Islamfeindlichkeit im Wahlkampf "betroffen".
Der größte türkische Verband in Österreich, die "Türkisch Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich" (Atib), ist über die islamfeindlichen Tendenzen im aktuellen EU-Wahlkampf "sehr betroffen". Die Mitglieder der Gemeinschaft seien "traurig" darüber, dass gegen Muslime Stimmung gemacht wird, sagte Nihat Koca, stellvertretender Obmann von Atib. "Extremismus und Radikalismus haben wir immer abgelehnt." Eine konkrete Partei will Koca in diesem Zusammenhang allerdings nicht nennen.
Distanz zu Parteien
Obwohl man über gewisse Elemente des
Wahlkampfes sehr betroffen sei, begrüße man auch "die Stellungnahmen und den
Einsatz" vieler Politiker, Persönlichkeiten und Vertreter verschiedener
Organisationen, die sich "gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit,
Antisemitismus und Islamfeindlichkeit eingesetzt haben", betonte Koca. Der
Anfang der 1990er-Jahre gegründete Verein habe aber zu allen Parteien die
gleiche Distanz, erklärt Koca. Im Sinne der besseren Integration, die sich
Atib zum Ziel gesetzt hat, würden die Vereinsmitglieder lediglich gebeten,
an Wahlen teilzunehmen.
Menschenrechte
Natürlich akzeptiere man die österreichische
Verfassung und Rechtsordnung wie auch die Menschenrechte, sagte Koca. "Wir
lehnen jeden Extremismus ab und sehen Religion als Privatsache." Deshalb
achte Atib besonders darauf, was die Imame des Vereins predigen, erklärte
Koca. Man trete auch dafür ein, dass Imame ein Hochschulstudium absolvieren
und sich regelmäßig weiterbilden müssen.
"Islamistisches Netzwerk"
Weil Atib Imame aus der
Türkei holt, wurde des Öfteren der Vorwurf geäußert, der Verein sei eine
Außenstelle der türkischen Regierung. Koca dementiert das entschieden:
"Anfang der 90er Jahre gab es keine gut ausgebildeten Imame in Österreich,
wir mussten sie holen. Atib macht das seit damals. Finanziert wird der
Verein aber nur durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und Kredite." Auch die
Kritik des Wiener FPÖ-Klubobmanns Eduard Schock, wonach Atib ganz Europa mit
einem "islamistischen Netzwerk" überziehen würde, weist Koca zurück. "Atib
ist kein religiöser Verein, sondern ein Kulturverein."
Dammstraße
Es wird auch betont, dass Atib nicht nur Muslime
begrüße: "Jeder ist bei uns willkommen, wir haben auch nicht nur türkische
Mitglieder." Gesprächsbereit sei man außerdem nach wie vor mit der
"Bürgerinitiative Dammstraße", die den geplanten Ausbau eines
Kultur-Zentrums des Vereins in Wien-Brigittenau verhindern will. Seit der
Demonstration der Bürgerinitiative vor knapp zwei Wochen haben keine
Gespräche stattgefunden. Ein bisschen Zeit dazu bleibt aber noch, denn laut
Koca beginnen die Bauarbeiten frühestens in einem Jahr.