Frontex-Ausbau

Kurz kritisiert Rom, Athen und Madrid

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Kritik auch an Frankreich wegen Nicht-Einhaltung der Defizit-Obergrenze 

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gibt Griechenland, Italien und Spanien die Schuld daran, dass die Aufstockung der EU-Grenzschutzagentur Frontex auf 10.000 Mitarbeiter erst 2027 vollzogen sein soll. "Natürlich wäre ein früherer Aufbau der Frontex-Truppe besser", betonte Kurz gegenüber der deutschen Zeitung "Welt am Sonntag" und nannte die drei Staaten dabei namentlich.
 
"Ausgerechnet jene Mitgliedstaaten, die eine EU-Außengrenze haben" und damit - gemäß der Dublin-Regeln, wonach jenes Land für einen Asylantrag zuständig ist, wo ein Drittstaatenangehöriger zuerst EU-Boden betreten hat, verhältnismäßig häufig zuständig sind - hätten große Vorbehalte beim Frontex-Ausbau angemeldet, "sie fürchten offenbar einen Eingriff in ihre Souveränität", analysierte der Kanzler, der das "nicht nachvollziehen kann".
 

Frontex-Ausbau

Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission wollten die Aufstockung von Frontex auf 10.000 Grenzschützer auf 2020 vorzuziehen. Ursprünglich hatte auch die EU-Kommission 2027 geplant. Bei einem Kompromissvorschlag der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im Dezember blieb es mangels Einigung dann bei 2027. Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte beklagt, dass vor allem die von Dublin am meisten betroffenen Länder sich geweigert hätten, die Außengrenzen auch zu stärken.
 
Von Europa zeichnete Kurz in dem Interview ein eher düsteres Bild. "Europa ist dabei, im globalen Wettbewerb um die besten Ideen abgehängt zu werden von China und von den USA. Ich spüre bei uns gleichzeitig eine weitverbreitete Angst vor Innovation. Wann immer wir etwas Neues angehen, dann fokussieren wir uns zu stark auf die Risiken und auf ihre Beherrschung, statt die Chancen im Blick zu behalten. Das Ergebnis ist Überregulierung, die Innovationen hemmt", führte der Kanzler aus. "Zudem steckt die EU in einer internen Krise. Es besorgt mich sehr, dass wir nicht die Kraft aufbringen, diesen Stillstand zu überwinden."
 

Einstimmigkeitsprinzip 

Kurz sprach sich dafür aus, das Einstimmigkeitsprinzip, das EU-Entscheidungen bremse, zu überdenken. Außerdem müssten die EU-Mitgliedstaaten Regeln wie Dublin oder die Euro-Stabilitätskriterien einhalten. Der ÖVP-Chef nannte in diesem Punkt "auch große Euro-Staaten wie Frankreich". Den Reformideen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, ein gemeinsames Eurozonen-Budgets oder einen EU-Finanzminister einzuführen, erteilte Kurz eine klare Absage. Die sei der "falsche Ansatz": "Nur weil man etwas Reform nennt, muss es deswegen noch lange nicht in die richtige Richtung gehen."
 
Hinsichtlich der Ablehnung des UNO-Migrationspaktes durch die Bundesregierung stellte der Kanzler klar, dass "nicht nur mein Koalitionspartner die FPÖ", sondern auch die ÖVP den "Globalen Pakt für sichere, geordnete und geregelte Migration" "sehr kritisch" sehe. "Es gibt viele falsche Behauptungen in rechten Foren, etwa dass der Pakt zu Flucht einlade. Das ist natürlich Unsinn. Aber meine Kritik bleibt: Der Pakt beinhaltet eine bedenkliche Vermischung von Asyl und Migration."
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