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Rede: Mehr Jobs und Geld

Kurz: "Mein Plan für den Corona-Herbst"

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Kurz schwört auf schwierigen Herbst ein und will für Wirtschaft und Jobs sowie gegen Einsamkeit kämpfen.

Wien. Knapp 25 Minuten sprach Sebastian Kurz gestern im Kanzleramt. In seiner Rede versuchte der Bundeskanzler, klar zu signalisieren, dass er nicht nur den politischen Herbst wieder starte, sondern auch das Zepter wieder in die Hand nehme.
 
Der Kanzler versuchte in seiner „Erklärung“ jedenfalls, den Spagat zwischen Mahnung zur Vorsicht vor einem Anstieg der Coronavirus-Infektionen im Herbst und Winter und Versprühen von Optimismus zu schaffen. Er berichtete über die Fortschritte in Sachen Medikamente und potenzieller Impfstoffe, die die Pandemie bis zum Sommer 2021 dann endlich quasi beenden könnten.
 
Kurz setzte in seiner Rede freilich klare Schwerpunkte auf Wirtschaft und Arbeit und bemühte sich auch da, das „Comeback“ auszurufen.
 
Video zum Thema: Das sagen die Experten über die Rede von Kurz
 

2021 werde das Jahr des Comeback für Österreich

Aufschwung. Im Jahr 2021 werde die heimische Wirtschaft auch wieder wachsen, so der Türkise. Um das zu beschleunigen, kündigte er an, Teile des Regierungsprogrammes bezüglich Entlastung der Wirtschaft vorzuziehen. Und der Kanzler versuchte auch, sich empathisch zu geben: Er strebe einen „Pakt gegen die Einsamkeit im Alter“ an. Mittels kreativer Schutzmaßnahmen soll es möglich sein, Ältere in Spitälern oder Pflegeheimen zu besuchen.
 

Thema Wirtschaft: Förderung von KMUs und Start-Ups

Kanzler Kurz startete mit dem Schwerpunkt Wirtschaft in der Krise.
 
DAS SAGTE KURZ. „Wir ­haben es mittlerweile natürlich nicht nur mehr mit einer glo­balen Gesundheitskrise zu tun, sondern längst auch mit einer globalen Wirtschaftskrise. Wir als kleines Österreich bleiben hier nicht verschont: Dieses Jahr werden wir knapp 7 % unserer Wirtschaftskraft einbüßen. Aber ich bin mir sicher: Nächstes Jahr kehrt das Wachstum zurück, und unser Comeback wird beginnen. Damit dies gelingt, müssen wir neben den bestehenden 50 Milliarden an Rettungs- und Hilfsmaßnahmen die Attraktivität unseres Standorts stärken und so viele Menschen wie möglich, die aktuell arbeitslos sind, in Zukunftsbranchen vermitteln. Ich habe den Finanzminister und die Wirtschaftsministerin daher ersucht, gemeinsam mit allen anderen betroffenen Ressorts, unsere Ziele im Regierungsprogramm zur Stärkung unseres Standorts vorzuziehen und sofort umzusetzen.“
 
DIE ANALYSE. Der Kanzler will Signale an die Wirtschaft aussenden und diese in der Rezession entlasten: Dazu wird es die neue Körperschaftsform „Austrian Limited“ geben. Eine rasche Gründungsform wird angestrebt sowie steuerliche Anreize für kleine und mittlere Unternehmen und Start-ups. Eine Stärkung des Eigenkapitals in Unternehmen wird angestrebt.
 

Thema Schule: Fokus auf Digitalisierung & Brennpunkt-Schulen

Kanzler will „rasch“ in Digitalisierung der Schule investieren.
 
Garderobe mit Maske

Maske Schule

© Getty Images
× Garderobe mit Maske
 
DAS SAGTE KURZ. „Die Pandemie hat in Österreich mehr als 1 Mio. Schüler plötzlich ins Home-Schooling verlagert. Das war eine große Herausforderung für Schüler, Lehrer und auch für den einen oder anderen Elternteil. Diese Entwicklung hat uns den Spiegel vor­gehalten. Sie hat Schüler über Nacht von ihrem sozialen Umfeld getrennt, hat Eltern zu Lehrern gemacht. Und hat von Lehrern verlangt, dass sie plötzlich digitale Experten sind. Das konnte nicht von heute auf morgen reibungslos funktionieren und hat uns auch gezeigt, dass wir bei der Digitalisierung in der Schule rasch und großzügig investieren müssen. Was die Zeit des Home-Schoolings aber auch gezeigt hat, ist, dass manche Schülerinnen und Schüler – knapp 7 % – nur schwer zu erreichen und zu unterrichten waren. Sehr oft sind diese Kinder aus sozial schwächeren, bildungsfernen Schichten. Es ist unser erklärtes Ziel und Anspruch einer christlich-sozialen Politik, dass kein Kind im österreichischen Bildungssystem zurückbleibt. Daher braucht es zusätzliche Unterstützung, besonders für sogenannte „Brennpunktschulen“, durch administratives und psychosoziales Personal. Dies wollen wir gemeinsam mit den Bundesländern rasch Realität werden lassen.“
 
DIE ANALYSE. Kein Kind solle zurückgelassen werden, kündigt Kurz „mehr Mittel“ für die Digitalisierung an Schulen an. Brennpunktschulen sollen mehr Unterstützung – auch in Form von Psychologen – erhalten. Zudem soll die längst fällige Ausstattung von Kindern mit Tablets ­rascher und vollständiger kommen. Hier will sich Regierung mit den Bundes­ländern verständigen.
 

Thema Arbeitsmarkt: Neue Jobs schaffen & Home-Office flexibilisieren

Eine Arbeitsstiftung soll Arbeitslose neu ausbilden und vermitteln.
 
AMS Arbeitslose Coronavirus
© APA/BARBARA GINDL
× AMS Arbeitslose Coronavirus
 
DAS SAGTE KURZ. „Da die Arbeitslosigkeit in dieser Krise steigt, müssen wir jetzt handeln, um so viele Arbeitssuchende wie möglich in Zukunftsberufe zu vermitteln. Bundesministerin Christine Aschbacher hat in den letzten Monaten auf Hochtouren gearbeitet, um eine Arbeitsstiftung vorzubereiten, die es genau jetzt brauchen wird, um in den nächsten Jahren bis zu 100.000 Arbeitslose zu vermitteln. Die Schwerpunkte werden in den ­Bereichen Digitalisierung und Pflege sein, wo besonderes Potenzial besteht. Alleine in der Pflege werden bis 2030 mehr als 70.000 zusätzliche Fachkräfte gebraucht werden. Und durch die digitale Transformation könnten bis zu 20.000 zusätzliche Jobs entstehen. Diese Potenziale wollen wir nutzen. Auch die Art und Weise, wie wir arbeiten, hat sich in der Pandemie verändert: In den letzten Monaten waren 40 % der heimischen Arbeitnehmer zumindest teilweise im Home-Office. Viele werden bald wieder ins Büro zurückkehren, andere wiederum werden wohl auch in Zukunft ­regelmäßig im Home-Office arbeiten. Da unser Arbeitsrecht noch aus einer anderen Zeit ist, sind hier viele rechtliche Fragen zu klären. Ich habe daher die Sozialpartner gebeten, Vorschläge für eine verbesserte gesetzliche Grundlage für das Home-Office zu erarbeiten. Es soll Betrieben weiterhin freistehen, individuell zu entscheiden, wer von wo arbeitet. Aber der rechtliche Rahmen soll für alle klar sein.“
 
DIE ANALYSE. Kurz strebt eine Arbeitszeitflexibilisierung für Home-Office-Arbeit an. Das wird auf eine Ausdehnung der Arbeitszeit hinauslaufen.
 

Thema Verschärfungen: Nächsten Mittwoch neue Maßnahmen evaluieren

Die Passage zur Pandemie tarierte Kurz zwischen Warnung und Optimismus aus.
 
Corona Kellner Maske
© oe24
× Corona Kellner Maske
 
DAS SAGTE KURZ. „Und es ist aus heutiger Sicht sehr wahrscheinlich, dass wir bereits nächsten Sommer zu unserer gewohnten Normalität zurückkehren werden können. Laufende Fortschritte in der Entwicklung von Schutzimpfungen und Behandlungen sowie immer schnellere Test­methoden sollten dies möglich machen. Wir wissen aus der Forschung, dass sich das Virus ständig verändert und bereits vielfach mutiert ist. Die Wissenschaft versucht aktuell, zu bestätigen, ob diese Mutationen dazu führen, dass das Virus einerseits ansteckender, andererseits immer milder im Verlauf wird. Auch wenn diese und andere Fragen noch nicht restlos geklärt sind, eines ist klar: Wir kennen das Virus heute viel besser, als dies noch im Frühling der Fall war. Wir verstehen es wissenschaftlich genauer. Wir wissen mehr darüber, wie man sich ansteckt, für wen es besonders gefährlich ist und wie man es behandelt. Alleine das ist schon ein entscheidender Fortschritt. Klar muss aber auch sein, dass in den nächsten Monaten noch eine herausfordernde Zeit vor uns liegt. Es kommt der Schulbeginn und auch die kältere Jahreszeit. Viele Aktivitäten verlagern sich wieder von draußen nach drinnen. Dazu kommt noch die alljährliche Grippewelle, die zusätzlich zur Corona-Pandemie unser Gesundheitssystem belastet und auch zu falschen Corona-Verdachtsfällen führen kann. Dadurch kann sich die Situation sehr schnell wieder zuspitzen.
Nächste Woche werden wir die aktuelle Corona-Lage in der Bundesregierung evaluieren und einschätzen, ob die Ansteckungssituation in Österreich eine stabile bleibt oder ob es zu einem weiteren Anstieg kommt und es daher weitere Maßnahmen braucht.“
 
DIE ANALYSE. Am Mittwoch könnten weitere Maßnahmen wie die Maske für Räume kommen.
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