Den Spieß umdrehen

Länder wollen Polizeikompetenz vom Bund

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Im Zug der Verwaltungsreform wollen Kärnten, Wien und das Burgenland die Sicherheitsagenden übernehmen.

Während in der Diskussion um eine Verwaltungsreform immer wieder die Forderung nach einer Bündelung von Kompetenzen erhoben wird, gehen die Vorschläge der Länder eher in die gegenteilige Richtung. So ist SPÖ-Bildungsministerin Claudia Schmied mit ihrem Vorstoß nach einem einheitlichen Lehrer-Dienstrecht bereits auf Widerstand gestoßen - Oberösterreich konterte mit dem Ansinnen, die Bundeslehrer ins Landeslehrer-Dienstrecht zu übernehmen. Nun kommt ein neuer Vorschlag der Länder, Kompetenzen vom Bund zu übernehmen: Wegen der steigenden Kriminalität wollen Kärnten, Wien und das Burgenland vom Innenministerium Polizei-Agenden haben.

Dörfler für eigene Strategien
Kärntens BZÖ-Landeshauptmann Gerhard Dörfler hatte Anfang der Woche "mehr Verantwortung der Länder" im Bereich der Sicherheit gefordert. Wünschenswert wäre für ihn etwa, dass sich ein Bundesland bei Polizeikontrollen eine eigene Strategie zurechtlegen und den Personaleinsatz autonom lenken kann.

Häupl sowieso für Eigenregie
Für den Wiener SPÖ-Bürgermeisters Michael Häupl ist die Übernahme der Polizei in Landeskompetenz eine alte Forderung. Häupl hat im Zuge der Kritik am Bund wegen fehlender Polizisten in der Bundeshauptstadt wiederholt angeboten, die Agenden der Polizei notfalls in Eigenregie zu führen. Das will er aber nur dann, wenn das Land im Gegenzug alle Kompetenzen und das Budget erhält. In der Ersten Republik waren die Länder lange Zeit für die Polizei verantwortlich - Für Häupl ging die Kompetenz nur zum Bund, um das rote Wien zu entmachten.

Niessl will wenigstens Chance
"Voll und ganz" zustimmen kann der Meinung Häupls sein burgenländischer Amts- und Parteikollege Hans Niessl. Es gebe definitiv Defizite im Bereich der Sicherheit. Wenn schon eine falsche Sicherheitspolitik gemacht werde, solle man den Ländern wenigstens die Möglichkeit geben, "es besser zu machen". Niessl ist außerdem der Meinung, dass die Bundesländer selbst viel besser mit den Gegebenheiten vertraut sind als der Bund.

Sausgruber zurückhaltend
Noch nicht konkret festlegen will sich der Vorarlberger ÖVP-Landeshauptmann Herbert Sausgruber. Er will sich den Vorschlag Dörflers zur Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern bei der Landeshauptleutekonferenz im Herbst anschauen. Denn noch kenne man ihn nicht im Detail, außerdem gebe es ja die Verwaltungsreform-Arbeitsgruppe, wo die Frage der Kompetenzverteilung Thema sei.

Pühringer findet Anderes wichtiger
Zurückhaltend reagiert Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Josef Pühringer. "Länder werden Kompetenzen grundsätzlich nicht ablehnen, wenn sie sie vom Bund angeboten bekommen und es das Geld dafür gibt", stellte er fest. Allerdings sehe er andere Bereiche wie etwa das Schulwesen, "wo eine Verländerung wesentlich sinnvoller wäre". Bei der Polizei hingegen werde immer eine "gewisse Einheitlichkeit" erforderlich sein.

Platter für zentrale Koordination
Ähnlich reserviert gab sich auch sein Tiroler ÖVP-Kollege Günther Platter. Der frühere Innenminister sprach sich für die "Notwendigkeit einer zentralen Koordination in der wichtigen Frage der inneren Sicherheit" aus. Allerdings müssten die unterschiedlichen Voraussetzungen in den Bundesländern berücksichtigt werden. "Entsprechend wichtig ist hier seitens der Länder eine Abstimmung und Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landespolizeikommandos", so Platter.

Voves sieht nur Hilfeschrei
Nicht so ganz ernst nehmen kann der steirische SPÖ-Landeschef Franz Voves den Vorstoß seiner Kollegen aus Kärnten, Wien und dem Burgenland. Er wertet deren Aussagen "als verzweifelten Hilferuf aufgrund der derzeitigen Situation und nicht als konkreten Vorschlag für eine Verfassungsänderung". Auch Bundeskanzler Werner Faymann "hat ja bereits mit konkreten Vorschlägen auf die personelle Situation bei der Polizei reagiert", verwies Voves auf den Plan, derzeit nicht beschäftigte Beamte der Post bei der Polizei heranzuziehen.

Burgstaller will nur mehr Polizisten
Salzburgs SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller hält Dörflers Vorstoß für "wenig durchdacht". Statt jetzt bei der Verwaltungsreform Ernst zu machen, würden wieder Kompetenzstreitigkeiten ins Spiel gebracht. "Wichtiger ist es, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie das Personalproblem bei der Exekutive zufriedenstellend gelöst werden kann, um ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleisten zu können." So ist Salzburgs Forderung nach mehr Polizisten nach wie vor aufrecht.

Von Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll war vorerst keine Stellungnahme zu bekommen: Er befindet sich derzeit im Ausland.

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