Der russische Außenminister legte im Visa-Streit nach.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat seine Rede vor den Ministerkollegen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) für Kritik an Österreich genutzt. Konkret sprach Lawrow am Donnerstagvormittag die russischen Journalisten von der annektierten ukrainischen Krim-Halbinsel an, die nicht nach Österreich reisen durften.
Die Journalisten seien daran "gehindert worden", bei einer OSZE-Veranstaltung Anfang November über die Lage auf der Krim zu berichten. Sie hätten keine Visa erhalten und auch nicht via Videokonferenz teilnehmen können, kritisierte Lawrow, der im gleichen Atemzug auch in anderen Ländern Einschränkungen für russische Medien bemängelte - etwa im Baltikum oder den USA, wo der US-Kongress dem russischen Fernsehsender RT (früher Russia Today) die Akkreditierung entzogen hatte.
Visa verweigert
Die österreichische Botschaft in Moskau hatte den drei Journalisten von der Krim die Erteilung von Visa verweigert. Wegen der Nicht-Anerkennung von Russlands Annexion der ukrainischen Halbinsel können Visa für Krim-Bewohner laut EU-Vorgaben nur in Vertretungsbehörden in der Ukraine ausgestellt werden.
Seine Rede schloss Lawrow aber mit lobenden Worten für den österreichischen OSZE-Vorsitz: Er gratuliere der österreichischen Ratspräsidentschaft und wünsche Italien, dem Nachfolger, viel Glück, sagte er.
© Dragan Tatic
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Kurz want zum Auftakt vor OSZE-Krise
Kurz (ÖVP) hat vor einer neuen Krise innerhalb der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gewarnt. In seiner Eröffnungsrede beim OSZE-Ministerrat zeigte sich Kurz am Donnerstag in Wien besorgt über den Budgetstreit in der OSZE. "Wir brauchen hier eine Lösung, um eine stabile Basis für die Finanzierung der Organisation nicht zu gefährden", sagte er.
Im Stil seiner Vorgänger an der OSZE-Spitze strich auch Kurz die Einzigartigkeit der Organisation als Forum für den Dialog über Sicherheitsfragen hervor. "Die OSZE ist unverzichtbar für Sicherheit in Europa, heute mehr denn je", sagte der amtierende OSZE-Vorsitzende.
"Die Vertrauenskrise unter unseren Ländern hält an. Diesem Trend müssen wir uns entgegenstemmen. Denn ein Mehr an Sicherheit wird es nur mit einem Mehr an Vertrauen geben", betonte Kurz. Daher habe er für den Ministerrat "bewusst Themen ausgesucht, die alle Staaten betreffen und gemeinsame Lösungen brauchen" und die Konferenz "so angelegt, dass wir die OSZE als Plattform bestmöglich nützen können". So sollen am Rande des Ministerrates "ganz konkrete Gespräche zur Sicherheitslage in der Ukraine" stattfinden.
Kurz: "Kein einfacher Job"
"Am Ende unseres Vorsitzes kann ich ehrlich sagen: Es ist kein einfacher Job, diese Organisation zu führen", hatte Kurz bereits am Vorabend bei einem Treffen mit NGO-Vertretern gesagt. In seiner Rede im Festsaal der Wiener Hofburg zog der Außenminister eine positive Bilanz des Vorsitzes und strich insbesondere die Lösung der beispiellosen Personalkrise im Juli hervor, gleichzeitig die vier Topposten der OSZE vakant gewesen waren. Weiters nannte er die Einleitung eines "Strukturierten Dialog" über militärische Herausforderungen sowie die Abhaltung von 5+2-Gesprächen im Transnistrien-Konflikt.
Die Beilegung der Personalkrise beim informellen Ministertreffen im niederösterreichischen Mauerbach "war sehr wichtig für das Funktionieren unserer Organisation", betonte Kurz. Er begrüßte demonstrativ die vier Topdiplomaten, OSZE-Generalsekretär Thomas Greminger, die Direktorin des Büros für Menschenrechte und Demokratische Institutionen (ODIHR), Ingibjög Gisladottir, den Medienfreiheits-Vertreter Harlem Desir und den Hochkommissar für nationale Minderheiten, Lamberto Zannier.
Auch Greminger sprach die Vertrauenskrise im OSZE-Raum an. "Wir erleben ein absolutes Tief im Vertrauen unter den Schlüsselakteuren. Brückenbauer sind da gefragt", sagte der OSZE-Generalsekretär.
Es braucht Vertrauen, Dialog und Kompromissbereitschaft
Weil die Entscheidungen innerhalb der OSZE im Konsens getroffen werden, "braucht es Vertrauen, Dialog und die Bereitschaft zum Kompromiss. Ich verfolge daher die Diskussion rund um die Reform der Beitragssätze der teilnehmenden Staaten zum Budget der OSZE mit zunehmender Besorgnis", mahnte der amtierende OSZE-Vorsitzende. Der Beschluss eines Budgets hatte sich bereits heuer äußerst schwierig gestaltet. Erst Anfang Juni konnte der Voranschlag für das heurige Jahr verabschiedet werden.
Bei den Konflikten im OSZE-Raum habe der österreichische Vorsitz "den Fokus auf das Schicksal der Zivilbevölkerung gelegt", unterstrich Kurz. "Hier kann die OSZE einen konkreten Beitrag leisten; hier muss sie es tun." Gemeinsam sei heuer einiges erreicht worden, nannte er die bessere Ausstattung und die Rund-um-die-Uhr-Kontrolle durch die Ukraine-Beobachtungsmission, die Eröffnung einer seit 25 Jahren geschlossenen Brücke zwischen Moldau und Transnistrien sowie den Dialog über Umweltfragen zwischen Georgien und seinen abtrünnigen Gebieten. "All das sind kleine Maßnahmen, die aber der lokalen Bevölkerung das Leben erleichtert. Ich freue mich, dass wir hier überall helfen konnten."
Neuerlich strich Kurz das österreichische Schwerpunktthema Kampf gegen Radikalisierung und Terrorismus hervor. "Keines unserer Länder ist davor sicher", rief der Außenminister aus. "Es war mir ein Anliegen, dass wir hier gemeinsam an einem Strang ziehen." Er kündigte an, dass die vom OSZE-Sonderbeauftragten Peter Neumann gesammelten Erkenntnisse über eine wirksame Bekämpfung von Radikalisierung in einem "Handbuch zur Prävention" zusammengefasst werden sollen. Daher habe er entschieden, der Anti-Terror-Abteilung des OSZE-Sekretariats 250.000 Euro zukommen zu lassen.
Kurz räumte ein, dass der Diskurs über Menschenrechte innerhalb der OSZE "oft kontrovers" geführt werde. "Er ist aber unverzichtbar." In diesem Zusammenhang würdigte er die Rolle der Zivilgesellschaft, die dem OSZE-Vorsitzenden einen umfangreichen Bericht zu Menschenrechtsverletzungen im OSZE-Raum übergeben hatte, mit eigenen Kapiteln zu Österreich und dem nächsten Vorsitzland Italien.
Nach Kurz wollten der Präsident der Parlamentarischen Versammlung, George Tsereteli, und OSZE-Generalsekretär Greminger zu den Vertretern der 57 Staaten sprechen. Anschließend war eine Plenardebatte geplant. Ganz oben auf der Rednerliste standen dabei die "Stars" des Ministerrates, Rex Tillerson (USA) und Sergej Lawrow (Russland). Mit Spannung wurde vor allem das bilaterale Treffen zwischen Tillerson und Lawrow erwartet, das am frühen Nachmittag stattfinden sollte. OSZE-Vorsitzender Kurz wollte um 12.10 Uhr mit Tillerson zusammenkommen, für 12.40 Uhr war ein Pressegespräch der beiden angesetzt. Am Nachmittag sollten mehrere hochkarätige Treffen stattfinden, etwa zur Krim, dem Kampf gegen Radikalisierung oder dem Schutz von Christen.