Der Wiener Bürgermeister im Interview

Ludwig: ''Sonst steigen die Zahlen wieder"

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 Der Wiener Bürgermeister im Interview über ''vorzeitige Öffnung'' und Lockdown.

ÖSTERREICH: Die Infektionszahlen in Wien gehen langsam zurück, die Intensivstationen bleiben voll. Warum haben Sie konkret den Lockdown verlängert?

Michael Ludwig: Ich habe diese Maßnahmen in enger Absprache mit den ­Experten getroffen. Alle medizinischen Experten sahen das als notwendig an, und die Ampelkommission hat die Verlängerung des Lockdowns explizit begrüßt. Ich freue mich sehr, dass wir diesen Schritt gemeinsam mit Niederösterreich gehen. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Belegung in den Intensivstationen nachhaltig zu senken. Und leider ist die Auslastung in den Intensivstationen noch sehr hoch.

ÖSTERREICH: Die Intensivstationen im Burgenland sind ebenfalls überlastet. Trotzdem hat LH Doskozil den „gemeinsamen Weg“ verlassen und öffnet am Montag. Verstehen Sie das?

Ludwig: In allen drei Bundesländern im Osten liegt die Auslastung über dem systemkritischen Bereich. Ich habe immer gesagt, dass mir die Gesundheit der Menschen das Wichtigste ist. Ich trage die Verantwortung für Wien, Doskozil für das Burgenland. Und ich halte Solidarität für einen wichtigen Wert. Es freut mich, dass die vernetzten Regionen Wien und Niederösterreich solidarisch sind.

ÖSTERREICH: Im Unterschied zu Doskozil?

Ludwig: Hans Peter Doskozil hat betont, dass er eng abgestimmt mit dem Bundeskanzler entschieden hat. Wir sehen, dass der Lockdown in Wien wirkt, das zeigen auch die Mobilitätsdaten deutlich. Das widerlegt jene, die gemeint hatten, dass sich die Menschen nicht mehr ­daran halten würden. Der überwiegende Teil hält sich daran. Wir müssen noch ein paar Wochen durchhalten. Die Infek­tionszahlen sinken, aber bis sich das in den Intensivstationen auswirkt, dauert es noch zwei bis drei Wochen. Und man sollte nicht vergessen, dass bei Ländern, die frühzeitig öffnen, wieder eine deutliche Infektionsdynamik nach oben zeigt.

ÖSTERREICH: Intensivme­diziner und Pfleger berichten, dass es noch sehr ernst sei.

Ludwig: Die Situation ist auch noch sehr ernst. Ich möchte hier auch noch einmal meinen ausdrücklichen Dank an das medizinische und pflegende Personal ausdrücken, das unglaublich viel leistet und um jeden Menschen kämpft. Man darf nicht vergessen, dass jetzt leider auch Operationen, die nicht dringend sind, verschoben werden. Wir ­wollen sicherstellen, dass wir die Spitäler nachhaltig entlasten und dass alle wieder die beste Gesundheitsversorgung erhalten.

ÖSTERREICH: Sie waren beim Gipfel, bei dem der Kanzler eine Öffnung für alle Bereiche ab Mitte Mai angekündigt hat. Wie wird das laufen?

Ludwig: Ich bin da sehr vorsichtig. Es ist zwar richtig, über Öffnungsper­spektiven und vor allem auch über klare Parameter nachzudenken, ab wann man öffnen kann, aber dazu müssen eben die Zahlen stimmen. Wichtig ist, dass es in einem kleinen Staat wie Österreich keinen Fleckerlteppich gibt. Für uns wird die Situation in den Spitälern entscheidend sein. Je nachhaltiger wir die Zahlen senken und desto Menschen wir impfen können, desto eher können wir zu einem normalen Modus zurückkehren. Wir in Wien werden so öffnen, dass diese Öffnungen nicht sofort wieder eine Steigerung der Zahlen bewirken.

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