Causa Sobotka

Gerald Grosz: Sein Mail an Van der Bellen

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Polit-Blogger und oe24-Kolumnist Gerald Grosz schreibt mit gewohnt spitzer Zunge.    

Herr Van der Bellen!

Ich weiß, Sie tun sich sehr schwer, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Worte zu finden. Und Ihr lautes Schweigen angesichts der offenkundigen Verquickung des zweiten Mannes im Staate in einen die Grundfesten der Republik erschütternden Skandal bestätigt nur diese These. Als HC Strache in Ibiza illuminiert vor sich her philosophierte, da waren sie schnell. Kein Journalist war vor Ihnen sicher, dem Sie nicht genussvoll ins Mikrofon bissen. „So sind wir nicht“, tönte die zwischen nikotingeschwängerten Nebelschwaden verpackte Gardinenpredigt hinter den ehrwürdigen K&K-Vorhängen der Hofburg.

Jetzt, wo es um Ihren Freund Sobotka geht, also den Nationalratspräsidenten des Koalitionspartners Ihrer verblichenen GrünInnen, schweigen Sie sich aus. Das macht keinen schlanken Fuß, Herr Van der Bellen. Denn es zeigt den Österreichern nur, dass Sie eben nicht objektiv urteilen und maßregeln, sondern Ihre ehrenwert gesprochenen Worte nur die in den Untiefen Ihrer Seele manifestierte parteipolitisch subjektive Meinung zu verbergen versuchen. Nun, ich helfe Ihnen auf die Sprünge: Stellen Sie sich vor, ein freiheitlicher Beamter im Justizministerium wurde von einem freiheitlichen Nationalratspräsidenten genötigt, Amtsmissbrauch zu begehen. Und nun stellen Sie sich vor, dieser freiheitliche Sektionschef hat dies Wort für Wort in einem eigentlich vertraulich gehaltenen Gespräch bestätigt. Seine Partei ließ ihn fallen, er sah sich am Ende so in die Ecke gedrängt, dass ihm nur mehr der Freitod blieb. Klingelts? Also um Ihnen die verurteilenden Worte gegenüber Sobotka leichter zu machen. Stellen Sie sich einfach vor, Sobotka ist kein in der Wolle gefärbter Betonapparatschik der ÖVP-Niederösterreich, sondern ein Freiheitlicher. Und wenn Sie diese Vorstellungskraft zwischen zwei Schachteln Zigaretten und dem Gassi-Gehen mit der hauseigenen Hündin entwickeln, dürfte es Ihnen nicht schwerfallen, lautstark zu tönen „So sind wir nicht“. Und nachdem Sie diese Mutprobe bestanden haben, nehmen Sie den Capone Sobotka ins Gebet und erklären ihm, dass das Spiel zu Ende ist. Und wenn Sie all das getan haben, wäre es das erste Mal in der Geschichte, dass ein Krähe der anderen mutig im Interesse des Landes ein Auge aushackt.
  

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