doskozil aufsager.png

Soll Bundespartei überzeugen

Moria: Doskozil wird mit türkisem Lob überschüttet

Teilen

Nehammer fordert Burgenlands SPÖ-Chef auf, Bundespartei zu überzeugen - Flut an Aussendungen aus wahlkämpfender Wiener ÖVP.

Wien/Lesbos/Eisenstadt. Burgenlands SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil wird ob seiner Ablehnung einer Aufnahme von Flüchtlingskindern aus dem abgebrannten griechischen Lager Moria mit türkisem Lob überschüttet. So sieht ihn Innenminister Karl Nehammer gefordert, seine Partei auf diese Linie zu bringen, wie es in einer Stellungnahme gegenüber der APA am Sonntag hieß. Vor allem die wahlkämpfende Wiener ÖVP stimmte mit ein.
 
"Die Tragödie von Moria ist für jeden, der die Bilder gesehen hat eine Katastrophe. Wenn man Kinder auf der Straße übernachten sieht, bricht einem das Herz", meinte Nehammer zwar - "man darf aber nicht die falschen Schlüsse daraus ziehen". Aus diesem Grund zeigte sich der türkise Innenminister "froh, dass Landeshauptmann Doskozil bei der Aufnahme von Migranten einen realistischen Blick hat".
 
Für Nehammer wäre es nun gut, wenn Doskozil in der Frage der Flüchtlingsaufnahme aus Moria auch dessen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner - und vor allem Wiens Bürgermeister Michael Ludwig - überzeugt. "Es bräuchte auch in der Sozialdemokratie ein klares Bekenntnis gegen die weitere Aufnahme von Migranten", machte der Minister der Oppositionspartei Vorschläge, deren Kurs zu ändern.
 
Ratschläge in Richtung der SPÖ-geführten Bundeshauptstadt kamen nicht nur von Nehammer. Auch Stadtpolitiker schlugen in einer Flut an Aussendungen in dieselbe Kerbe, etwa Klubobfrau Elisabeth Olischar, Stadtrat Markus Wölbitsch, Sicherheitssprecher Karl Mahrer und Integrationssprecherin Caroline Hungerländer. Alle sahen in Doskozils Linie eine Blaupause für die Wiener SPÖ.
 
 
 

Doskozil im großen ÖSTERREICH-Interview

Der Landeshauptmann bleibt bei seiner harten Asyllinie – und kritisiert das Covid-Gesetz.

ÖSTERREICH: Das Covid-Gesetz war in Begutachtung, soll die SPÖ kommende Woche zustimmen?

HANS PETER DOSKOZIL: Es ist in manchen Punkten noch lange nicht präzise genug – vor allem, was die Verordnungsermächtigung des Gesundheitsministers bei der „Unzulässigkeit des Verlassens des privaten Wohnbereichs“ betrifft. Da ist die „Unerlässlichkeit“, die dem Minister diese Entscheidung erlaubt, nicht definiert. Das ist ein Persilschein, der dem Minister tiefe Eingriffe in Grundrechte erlaubt – ohne irgendeine Vetomöglichkeit der Länder. Es wird sich zeigen, ob diese Einwände noch eingearbeitet werden.

ÖSTERREICH: Die SPÖ könnte im Bundesrat verzögern …

DOSKOZIL: Ziel muss doch immer ein tragfähiger Kompromiss sein. Da ist jetzt die Bundesregierung am Zug.

ÖSTERREICH: Ist das Aus der Ampel richtig oder falsch?

DOSKOZIL: Die Ampel war an sich ein guter Ansatz, aber sie wurde ad absurdum geführt, weil dahinter keine klaren Maßnahmen standen. Was bringt es, 7 Bezirke auf Orange zu schalten, aber nichts passiert? Wie soll sich da noch wer auskennen? Es fehlt hier an Leadership.

ÖSTERREICH: Man hat den Eindruck, die SPÖ im Bund ist still geworden. Sollte man da nicht lauter auftreten, wenn ein solches Chaos herrscht?

DOSKOZIL: Das ist eine Frage des Fingerspitzengefühls – parteipolitisches Hickhack kommt sicher nicht gut an, wenn es um die Gesundheit aller geht. Aber man muss schon sichtbar machen, dass Österreich seinen Vorsprung verspielt hat, weil einige in der Bundesregierung mehr an der Inszenierung als an fachlicher Vorbereitung interessiert waren. Auch das „Hinpecken“ auf Wien ist unangebracht.

ÖSTERREICH: Thema Moria: Soll Österreich 100 Flüchtlingskinder aufnehmen?

DOSKOZIL: Darüber sollte sich erst die Bundesregierung einig werden. Wenn sie eine Aufnahme will, müssen gesetzliche Regelungen geschaffen werden. Ich halte wenig von Einzelmaßnahmen, um sein soziales Gewissen zu beruhigen und wieder zusehen zu können, wie täglich Menschen im Mittelmeer ertrinken.

ÖSTERREICH: Was also tun?

DOSKOZIL: Die Systemfrage gehört endlich beantwortet. Wir sind heute keinen Schritt weiter als 2015. Es muss endlich eine europaweite Lösung her: Verfahrenszentren außerhalb der EU und effektiver Schutz der EU-Außengrenzen.

ÖSTERREICH: Sind Sie da nicht näher bei Kanzler Kurz als bei Rendi-Wagner?

DOSKOZIL: Nein, denn genau Kurz war es, der fünf Jahre Zeit gehabt hätte, Verhandlungen über die nötigen Maßnahmen in Gang zu bringen.(gü)

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.