Der Gesundheitsminister hatte mit viel Widerstand zu kämpfen
Nicht einmal ein Jahr hat es den Arzt Wolfgang Mückstein in der Spitzenpolitik gehalten. Der Gesundheitsminister zieht dem Vernehmen nach kurz vor den großen Corona-Öffnungsschritten wieder aus seinem Ressort aus. Dies hängt wohl mit seinem durch Koalitionspartner, Wirtschaft, eigene Partei und Landeshauptleute eingeschränkten Spielraum zusammen, dem er nun enteilt.
Dass Mückstein des öfteren Öffnungsschritte verantworten musste, die ihm zu früh erschienen, ist kein Geheimnis. Auch die am Samstag anstehende Aufhebung fast aller Corona-Maßnahmen war nicht seine Idee. Experten, denen der studierte Allgemeinmediziner gerne sein Ohr lieh, zeigten sich bezüglich des Zeitpunkts bis zuletzt skeptisch.
Schwieriger Wechsel in die Politik
Ohnehin schien der bis dahin nur in der Standespolitik tätige Neo-Minister stets auf der großen Bühne zu fremdeln. Seine öffentlichen Auftritte wirkten des öfteren hölzern, rhetorisch gab es schon brillantere Ressortchefs. Auch dass anderes als Sachpolitik - etwa seine Turnschuhe bei der Angelobung oder ein weggeworfener Zigarettenstummel - plötzlich zur großen Sache wurde, schien den stets freundlichen 47-Jährigen immer wieder zu verwundern.
Allzu große Pflöcke hat er in seiner nicht einmal einjährigen Amtszeit nicht eingeschlagen. Corona-geschuldet ging bei anderen Themen wie der Pflege nicht wirklich etwas weiter. Stets Anliegen war Mückstein, dass sozial Schwache nicht durch die Pandemie zu kurz kommen sollten. Diverse Hilfspakete trugen da mit seine Handschrift, was durchaus auch seiner Vita geschuldet ist.
Mückstein war in jüngeren Jahren unter anderem beim bei Anrainern mäßig geliebten Drogenberatungszentrum Ganslwirt, heute Jedmayer, in Wien-Mariahilf aktiv. Auch im Neunerhaus, einer Hilfsorganisation für Obdachlose, engagierte er sich.
Viel Widerstand
Zu seinem Amt gekommen war Mückstein, nachdem er gut ein Jahrzehnt für die Grünen in der Ärztekammer aktiv gewesen war. Als Mit-Begründer des ersten Primärversorgungszentrums in Wien brachte der Stiefsohn der ehemaligen Grünen-Nationalratsabgeordneten Eva Mückstein auch ein Macher-Image ins Amt mit.
Doch allzu viel im Alleingang machen lässt sich in einer Koalition nicht. Mückstein, der stets die Gesundheit der Bevölkerung in den Mittelpunkt stellen wollte, sah sich von Tag eins an mit vielen Wünschen, wie man weiter öffnen kann, konfrontiert. Tourismus und mit diesem die Länder machten Dauer-Druck. Auch in der eigenen Partei war zumindest hinter den Kulissen der Rückhalt endenwollend.
Immerhin einen Lockdown drückte Mückstein im Winter noch durch. Seither bremst die Politik trotz Rekordwerten im internationalen Gleichklang die Welle nicht mehr, was den auch nicht immer gut beratenen Minister weniger glücklich machte. Teils wirkte Mückstein seit Monaten wie ein Getriebener anderer Interessen.
Damit ist jetzt Schluss. Der von seiner Frau getrennt lebende zweifache Vater wird wohl wieder in seine Praxis zurückkehren und praktisch die Folgen von Corona bekämpfen können.
Zur Person: Wolfgang Mückstein, geboren am 5. Juli 1974 in Wien, Vater von zwei Töchtern, studierter Allgemeinmediziner. Mitbegründer des ersten Primärversorgungszentrums in Wien. Mehr als ein Jahrzehnt in diversen Funktionen in der Ärztekammer aktiv. Ab April 2021 Gesundheitsminister