Projekt KOMPASS für Personen, die aus extremistischer Szene aussteigen wollen – Raab gibt neue Extremismus-Studie im Integrations- und Migrationsbereich in Auftrag.
Wien. Das "Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung" (BVT) hat im September 2020 den Verein NEUSTART mit der Umsetzung einer koordinierten Ausstiegs- und De-Radikalisierungsarbeit für Personen beauftragt, die freiwillig aus einer extremistischen Szene und Ideologie aussteigen wollen. "Damit gehen die Sicherheitsbehörden eine für die Extremismus-Prävention unabdingbare Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren ein, die auf die Verhinderung von ideologisch oder religiös motivierten Straftaten und auf die Ermöglichung von Alternativen zu einem extremistischen Umfeld abzielt", sagt Innenminister Karl Nehammer.
Das BVT und der Verein NEUSTART initiierten somit gemeinsam das Projekt KOMPASS, ein Ausstiegs- und De-Radikalisierungsprogramm in Österreich. Ziel dieses Projekts ist demnach die Distanzierung radikalisierter Personen von extremistischen Ideologien. Zudem will man diesen Personen ermöglichen, sich zu resozialisieren. Das Risiko, das von einer radikalisierten bzw. extremistisch-ideologisierten Person ausgehen kann, soll somit verringert werden.
"Radikalisierte und extremistisch-ideologisierte Person sind ein Risiko für die innere Sicherheit unseres Landes. Mit dem Ausstiegs-und De-Radikalisierungsprogramm KOMPASS sollen Alternativen zu extremistischen Ideologien aufgezeigt und eine weitere Radikalisierung verhindert werden. Damit werden Ausstiegswillige unterstützt und das Risiko für die Gesellschaft minimiert", sagt der Innenminister.
Alle Formen des Extremismus mitberücksichtigen
Im 21-monatigen Projektzeitraum werden alle Formen des Extremismus' mitberücksichtigt. Durch engmaschige und individuelle Betreuungsmaßnahmen will man auf Alternativen zu extremistischen Ideologien abzielen und weitere Radikalisierung verhindern. Die Zielgruppe umfasst nicht nur bereits straffällige Personen nach der Haftentlassung, sondern auch jene Personen, die den Absprung von einer extremistischen Ideologie schaffen wollen. Wesentliches Merkmal ist die freiwillige Teilnahme der ausstiegswilligen Personen.
Der Verein NEUSTART, der als koordinierende Stelle agiert, verfügt zudem über jahrzehntelange Erfahrung im Bereich des Übergangsmanagements zwischen Haft und Freiheit sowie bei der Reintegration und Resozialisierung von Personen. Neben dem Verein NEUSTART wird anlassbezogen die Expertise von spezialisierten Organisationen herangezogen. Diese arbeiten mit unterschiedlichen Methoden mit Klienten und konnten deshalb bereits sehr gute Erfolge verzeichnen. Dazu will man ein ein österreichisches Netzwerk etablieren.
Geplant ist auch eine enge Zusammenarbeit des österreichischen Projekts KOMPASS mit dem EU-Projekt "EXIT Europe". Dieses EU-Projekt hat die gemeinsame Erarbeitung von Methoden sowie die Durchführung von Ausstiegs- und Distanzierungsarbeit in Europa zum Ziel. Diese finanziert sich über Mittel aus dem Europäischen Fonds für die Innere Sicherheit-Polizei (ISF-P). Neben Österreich beteiligen sich Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien und die Slowakei an diesem Projekt.
Ausstiegsbegleitung eine gesamtstaatliche Anstrengung
"Die Möglichkeit der Ausstiegsbegleitung muss als gesamtstaatliche Anstrengung angesehen werden", sagt Innenminister Nehammer. Eine Ansicht, die seit Jahren auch vom "Bundesweiten Netzwerk Extremismus-Prävention und Deradikalisierung" (BNED) mitgetragen wird. Das BNED ist Österreichs strategisches Gremium zum Thema Extremismus-Prävention und Deradikalisierung und wurde im Juli 2020 von der Bundesregierung als solches anerkannt. Das Netzwerk besteht aus Vertreterinnen und Vertreter von Ministerien, zivilgesellschaftlichen Einrichtungen, allen Bundesländern sowie dem Städte- und Gemeindebund.
Das BNED trifft sich in regelmäßigen Abständen, um sich über drängende Fragen der Radikalisierungs- und Extremismus-Prävention auszutauschen. Als eine erste Maßnahme hat das BNED die "Österreichische Strategie Extremismus-Prävention und Deradikalisierung" erarbeitet. Diese Strategie stellt ein wichtiges Grundlagendokument für die Arbeit mit allen Extremismus-Formen dar.
Raab: Neue Extremismus-Studie und Kampf gegen politischen Islam fortsetzen
Integrationsministerin Susanne Raab nimmt den aktuellen Fall des islamistischen Terrors in Oberösterreich zum Anlass, nochmals vor der Gefahr von Extremismus in Österreich zu warnen. "Wir müssen in Österreich konsequent gegen alle Formen des Extremismus' und der Radikalisierung vorgehen. Es ist unsere Aufgabe, möglichen Gewalt-Eskalationen oder jeder Form von Terrorismus den Nährboden zu entziehen", sagt die Integrationsministerin.
"Im Kampf gegen Parallelgesellschaften wird deshalb eine Studie über extremistische Tendenzen im Integrations- und Migrationsbereich in Auftrag gegeben, um einen besseren Überblick über die Szene in Österreich zu erhalten", kündigt Raab an. "Der Kampf gegen den politischen Islam wird insbesondere durch die neue Dokumentationsstelle intensiver denn je zuvor vorangetrieben. Ist jedoch die Radikalisierung oder extremistische Einstellung so weit vorangeschritten, dass die Sicherheit des Landes gefährdet ist, bieten das Ausstiegs- und De-Radikalisierungsprogramm eine gute Option, dem entgegenzuwirken", sagt Raab.