Der Fall Chorherr ist um ein Kapitel reicher: Nun belastet ein Projektmanager den Ex-Grünen mit weiteren Vorwürfen. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt.
"Das stimmt einfach nicht, es gibt keinerlei Hinweise, dass es so sein könnte. Das ist ein Versuch, mich und die Grünen anzupatzen. Alles an dieser Konstruktion ist Erfindung", argumentiert Christoph Chorherr (62) in seiner Stellungnahme gegenüber dem INSIDER. Der erfolgreiche Wiener Bäckerei-Unternehmer hatte bereits gehofft, dass auch die letzten noch laufenden Ermittlungen der Justiz gegen ihn schon demnächst eingestellt werden, immerhin läuft das Verfahren der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft seit drei Jahren. Zwei Fakten-Komplexe wurden bisher beendet.
Bericht. Die neue Sachverhaltsdarstellung werde sicher nicht ignoriert, sagte Oberstaatsanwältin Elisabeth Täubl im Telefonat mit dem INSIDER: "Die Angaben in dem Schreiben werden im Zuge des laufenden Ermittlungsverfahrens geprüft."
Korruptionsstaatsanwaltschaft prüft auch die neuen Vorwürfe
Naheverhältnis. Die Vorwürfe in diesem Bericht sind schwerwiegend: Immerhin schildert darin ein Bauunternehmer konkret, dass er "bei Widmungsangelegenheiten der Stadt Wien mehrfach genötigt worden ist, ein ganz bestimmtes Architekturbüro mit einer Machbarkeitsstudie zu beauftragen". Und in dieser Wiener GmbH hätte einer der beiden Geschäftsführer und Gesellschafter "ein Naheverhältnis" zum früheren Grün-Politiker Christoph Chorherr.
»Wir sprechen über sechsstellige Euro-Beträge«
Details. Der Zeuge: "Je größer die Nettonutzfläche, je höher die erlaubte Gebäudehöhe, desto höher der Gewinn. Von der Beauftragung des Architekturbüros hing ab, ob ich gewünschte Widmungen auch bekomme. Da die Kosten einer Machbarkeitsstudie vom Projektvolumen abhängen, sprechen wir hier über sechsstellige Euro-Beträge."
Um sechsstellige Beträge ging es auch bei der bekannten Spenden-Causa von Christoph Chorherr: Die Untersuchungskommission der Stadt Wien stellte fest, dass er für sein Schulprojekt in Südafrika insgesamt 4,28 Millionen Euro an Spendengeldern erhalten hat. Zusätzlich wurden noch Reisekosten in der Höhe von 100.000 Euro aufgedeckt, "die sich nicht nachvollziehen lassen".
Und nicht nur Großspender aus der Immobilienbranche, sondern auch die Steuerzahler haben Chorherrs Charity-Projekt unterstützt: Die Stadt Wien sponserte den Verein mit 450.000 Euro.
Chorherr hat einen prominenten Fürsprecher: Falter-Chefredakteur Florian Klenk. Der Journalist, der in Chorherrs Salzkammergut-Bleibe bereits einen selbst bezahlten Wochenendurlaub verbracht hat, stellte in einer Twitter-Nachricht fest: "19 Beamte der für die Flächenwidmung zuständigen MA 21 haben bei den Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft Chorherr komplett entlastet."
Einvernahme. Schon im Vorjahr, als oe24 über konkrete Vorwürfe eines Wiener Unternehmers gegen Chorherr und Beamte der MA 21 berichtet hat, wurden die Aussagen des Informanten als falsch oder lächerlich dargestellt. Der neue Belastungszeuge befürchtet, dass dies auch ihm passieren könnte - er schreibt: "Bei einer konkreten Untersuchung wird die Justiz meinen Namen in den Auftragsbüchern des beauftragten und von mir genannten Architekturbüros finden. Ich werde dann bei einer Zeugenbefragung wahrheitsgemäß aussagen und Chorherr und hochrangige Magistratsbeamte belasten."
Vermutlich wird es noch einige Monate dauern, bis die Justiz entscheiden wird: Einstellung des Ermittlungsverfahrens - oder doch ein Prozess mit einer drohenden Haftstrafe? (rs)