Gerald Grosz

Grosz gesagt: Der kritische Blick

'Österreich entwickelt sich zu einer Gouvernantendemokratur'

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Polit-Blogger und oe24-Kolumnist Gerald Grosz kommentiert für Sie die Polit-Woche in seiner bekannt charmanten Art. 

Liebe User und Seher von oe24
Willkommen bei Grosz gesagt, dem überaus kritischen Blick auf die aktuellen Geschehnisse unserer Zeit. Kritisch, direkt, unabhängig und scharf wie Messer. Versprochen!

Na, wie fühlen sich die ersten Tage in der häuslichen Kerkerhaft an, genügend Klopapier gekauft? Ist die Eisenkette am Heizkörper wohl gut montiert, sitzt die Fußfessel an den Fesseln der Füßchen, dass Sie gemeine Virenschleuder, ja ich meine Sie, nicht aus dem Viren-Käfig fliehen können wie einst die Fledermaus von Wuhan aus dem Kochtopf, um die Österreicherinnen und Österreicher zu infizieren? Sind Sie wohl brav zu Hause und folgen der Bevormundung der Regierung? Gut so, dann haben Sie ja nichts zu befürchten außer dass Ihnen langsam aber sicher die Decke auf den Schädel fallen könnte.

Unser Land ist also wieder im Lockdown, im vierten harten, denn weiche Lockdowns gab es ja schon mehrere. Überhaupt ist die Nummerierung des „vierten“ Lockdowns insofern irreführend, als wir uns die letzten 20 Monate doch immer, manchmal mehr und manchmal weniger, in der Geiselhaft von Maßnahmen unserer geliebten Regierung befunden haben, die in dieser Form so niemand mehr in unserem Land verstehen kann und will. Das Land sei gespalten, tönen derweil die Medien. Mag sein, Geimpfte und Ungeimpfte stehen sich angeheizt durch die „guten Ratschläge“ und seltsamen Befunde von Spaltenberg, Mückstein und Co relativ unversöhnlich gegenüber, beäugen ihren Immunstatus gegenseitig.

Nur in einem sind sie sich einig, alle Menschen in Österreich. Egal ob groß oder klein, alt oder jung, dick oder dünn, geimpft oder ungeimpft, gesund oder krank, rot, schwarz, blau, türkis, pink oder grün: Die Regierung ist unfähig, diese Dilettanten gehören zum Teufel gejagt, hört man an wirklich an allen Ecken und Enden des Landes. Das ist der kleinste und wahrscheinlich einzige gemeinsame Nenner, der nun das gesamte Volk verbindet. Sonst trennen sich die verschiedenen Lebenswelten. Die einen wehren sich mit Händen und Füßen vor der Impfung, die anderen sehen im Impfstoff den Stoff für die Glückseligkeit und ewige Gesundheit, die nächsten stemmen sich gegen den Lockdown und die damit verbundenen Widersprüchlichkeiten und manche freuen sich masochistisch über die Zuchtpraktiken aus der gestrengen Regierungskammer zu Wien. Da wäre einmal der Lockdown. Die Regierung ist der festen Überzeugung, mit dieser Maßnahme die von ihr selbst in ihrer Untätigkeit angeheizten Inzidenzen in den Griff zu bekommen, die zu Tode gesparten Spitäler zu entlasten. Also ist nach dieser These erstens der Brandstifter auch Brandlöscher. Das ist noch nie gut gegangen. Zweitens leidet unsere Wirtschaft, unsere Klein- und Mittelbetriebsstruktur wieder darunter, denn das Weihnachtsgeschäft ist de facto vernichtet, Schäden in der Höhe von mehr als 2 Milliarden Euro werden befürchtet.

Das türkis/grüne Konjunkturpaket war dann doch offensichtlich nur für Amazon gedacht, wie sich nun herausstellt. Drittens: Das Chaos an den geschlossenen aber gleichzeitig geöffneten Schulen, an die die Eltern ihre Kinder zwar nicht schicken dürfen aber dennoch sollen, trägt auch nicht zur allgemeinen Freude und Planungssicherheit bei. Und dass die Skilifte geöffnet haben, während alle, wirklich alle anderen Sporteinrichtungen geschlossen haben, mindert auch das ohnedies schwindende Vertrauen der Bürger in die Buckelzwerge im Ministerrat. Die Tatsache, dass die Arbeitslosigkeit vor Weihnachten auf 400.000 klettert und die Kurzarbeit wieder auf 500.000 Mitbürger ansteigen lässt, wird es verlässlich verhindern, dass überschwängliche weihnachtliche Dankbarkeit gegenüber unserer Regierung in Wien aufkommt. Viertens glaubt kein Mensch mehr in unserem Land den fast jenseitig anmutenden „Garantierklärungen“, dass der Lockdown tatsächlich Mitte Dezember sein Ende findet.

Die Lockdown-geplagten Bürger, sprich die 8,6 Millionen virologischen Insider, wissen, dass dieser Zustand uns noch den gesamten Winter begleiten wird. Was hat zu dieser fortgesetzten Katastrophe geführt? In erster Linie eine Regierung, die im Sommer die Pandemie für beendet erklärte, in ihrer Impfkampagne gescheitert ist, das Vertrauen der Menschen verlor, das Gesundheitssystem nicht stärkte, die Abwanderung wichtigen Spitalspersonals nicht verhinderte und nun in ihrer Not eben mehr spaltet als verbindet. Kommen wir nun zur Impfpflicht, dem eigentlichen Aufreger unserer Tage. 70 Prozent der Österreicher sind zumindest einmal gegen die Nadel gerannt, sind immunisiert. 65 Prozent sind vollimmunisiert, wie es so schön heißt. Um die Quoten in die Höhe zu treiben soll eine allgemeine Impfpflicht eingeführt werden. Österreich reiht sich diesbezüglich in die lange Serie von Vorzeigedemokratien wie Kasachstan, Tatschikistan, Turkmenistan und Co ein und wäre im Europa des 21. Jahrhundert das erste Land, das zu einer solchen drastischen Maßnahme greift.

Ob dieser Vorstoß unserer Verfassung entspricht, wir zu klären sein. Unverbrüchliches Faktum ist aber bereits jetzt schon, dass diese Politik von Druck, Zwang und Bevormundung schon die letzten 20 Monate nicht zum Erfolg führte. Während Österreich sich zu einer Gouvernantendemokratur entwickelt, geht Schweden konsequent einen anderen Weg. Freiheit, Selbstbestimmung, Vertrauen und Eigenverantwortung sind die vier Zauberwörter, mit denen das nördliche Land nicht nur die Pandemie beendet hat, ja selbst die Impfquote in die Höhe getrieben hat, sondern augenscheinlich endgültig aus dem Schneider ist. Ohne Weltkriegsrhetorik, ohne Schuldzuweisungen, ohne Druck und Zwang scheint es eben besser zu gehen. Spaltenberg und Mücke Mückstein scheinen hier hingegen beratungsresistent zu sein, sie gehen weiter den alten Weg des Sebastian Kurz mit schwachen Erfolgsaussichten weiter. Denn in der Regierung der Stotterer scheint das Motto zu lauten: Warum aus den eigenen Fehlern lernen, wenn man sie wiederholen kann? Auf eine Wiederholung meiner Analyse können Sie in der nächsten Woche des dunklen Lockdowns wieder hoffen. Wenn es wieder heißt, Grosz gesagt. Bleiben Sie mir bis dahin treu!
   

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