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oe24.TV-Interview

Androsch-Abrechnung: Migration, Selbstdarstellung und Luftschlösser

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Im oe24.TV-Interview übte SPÖ-Grande Hannes Androsch scharfe Kritik an den wirtschaftlichen Vorstellungen des neuen SPÖ-Chefs Andreas Babler, der aktuellen Regierung und dem Außengrenzschutz. 

Im Gespräch mit oe24-Chefredakteur Niki Fellner zeigte sich Ex-Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ) besorgt über die aktuelle wirtschaftliche Situation. "Wir haben keine leichte Zeit. Die Welt ist ein gefährlicher Unruheherd und in Aufruhr. Es gibt leider eine Reihe von kriegerischen Konflikten, durchaus in unserer Nachbarschaft", so Androsch. Österreich sei am besten Weg, "die rote Laterne zu erobern." Vor allem an der "Koste es, was es wolle"-Politik stört sich der SPÖ-Grande. Das Geld würde mit dem Helikopter ziel- und wahllos beim Fenster rausgeschmissen, was die Nachfrage befeuere, statt das Angebot zu verbessern. 

Der Argumentation der Bundesregierung, Österreich hätte zwar eine höhere Inflation als vergleichbare Länder, dafür aber auch eine höhere Kaufkraft, kann Androsch nichts abgewinnen: "Die Kaufkraft besteht darin, dass man durch die dazu ausgelöste Inflation mehr zahlen muss. Hier beißt sich die Schlange in den Schwanz - aber mit giftigen Zähnen." Einen wirtschaftlichen Umschwung für 2024 sah Androsch eher skeptisch. In den nächsten zwei Jahren werde man mit großen konjunkturellen Schwierigkeiten zu tun haben. Zudem sei Österreich maßlos überreguliert, die Bewilligungsverfahren würden endlos dauern und "es wird eh alles verhindert und verboten." Daher sei man auch von 1999 bis jetzt in der Wettbewerbsfähigkeit von Rang 9 auf 24 zurückgefallen und im Klimaschutz auf Rang 34 hinter China und ähnlichen Ländern, argumentierte Androsch. 

Kritik an Bablers Wirtschaftspolitik

Erst beim SPÖ-Parteitag vor knapp zwei Wochen meinte SPÖ-Chef Andreas Babler, es sei unmoralisch nach der Finanzierung zu fragen. Für Androsch gehöre Schulden machen zwar dazu, aber nicht unbegrenzt. "'Koste es, was es wolle' zu betreiben, ist unverantwortlich", so der Ex-Minister. Es sei daher auch keine unmoralische Frage, denn "letzten Endes kann man nur das verwenden und verteilen, was man vorher erwirtschaftet hat." 

Auch die 32-Stunden-Woche, die von Babler ursprünglich lautstark gefordert wurde, sei für Androsch nicht machbar. "Wenn man ohnehin hinten und vorne in den Spitälern, bei den Kassenärzten und bei den Kindergärtnerinnen, ja beim Lehrberuf Personalnot hat, die noch massiv zu erhöhen, ist eher kontraproduktiv", so Androsch. Zudem sei für viele die Arbeit nicht nur ein notwendiger Broterwerb, sondern eine erfüllende und befriedigende Aufgabe sowie eine Quelle der Sozialisierung. Für die Wirtschaft sei es ebenso wenig förderlich: "Wenn man weniger aussäht, wird man weniger ernten, wenn man weniger erntet, würde man weniger aussähen. Am Schluss würde man verhungern." 

Migration als Zerreißprobe für EU

Die "Festung Österreich" sei für Androsch keine Lösung, um illegale Migration einzudämmen. "Sperren wir uns alle ein - aber Österreich ist eben keine Insel ohne Meer", erklärte Androsch. Viel wichtiger seien die Außengrenzen der EU, wo es Versäumnisse gebe. Österreich setze dem aber "noch eins drauf": Man lasse Flüchtlinge, wie zum Beispiel die von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán freigelassenen Häftlinge, ungehindert ins Land "und verlangt nicht, dass sie bei uns arbeiten, obwohl wir Arbeitskräfte brauchen. Oder dass sie unsere Sprache und Sitten lernen und annehmen." Das spalte die Gesellschaft. "Und wenn wir das nicht in den Griff bekommen, dann wird das zur Zerreißprobe für die Europäische Union", erläuterte der Ex-Politiker. 

Selbstdarstellung und Luftschlösser 

Die heutige Politik solle sich nicht nur um die eigene Selbstdarstellung bemühen oder sich in ideologischen Luftschlössern verlieren, sondern die Zukunft im Sinne der Bevölkerung gestalten. "In Luftschlössern kann man schlecht leben", so Androsch. 

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