Grasser-Prozess

Ramprecht: "Habe Mitleid mit Grasser"

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Belastungszeuge wird von Grasser- und Meischberger-Anwalt befragt. 

 Am Vormittag des letzten Verhandlungstags vor der Sommerpause im Prozess um Korruptionsverdacht gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere ist heute der Belastungszeuge Michael Ramprecht von den Verteidigern der Angeklagten befragt worden. Grasser-Verteidiger Norbert Wess beantragte, die von Ramprecht aufgezeichneten Audio-Dateien im Gerichtssaal abzuspielen - was abgelehnt wurde.
 
Der Schöffensenat des Gerichts lehnte das Abspielen der Dateien ab, da es nicht für den Prozess relevant sei. Grundsätzlich könne man schon die Glaubwürdigkeit eines Zeugen überprüfen, aber nur mit Einschränkungen, es müsse nämlich um Fakten gehen, die im Prozess eine Rolle spielten.
 

"Ein System dahinter"

Wess konfrontierte den Zeugen Ramprecht heute mit den gestrigen Aussagen des Belastungszeugen Willibald Berner. Ramprecht meinte, er habe nicht so ein gutes Gedächtnis wie Berner, daher könne er sich nicht so an Details erinnern. "Willi Berner war der Einzige, der mich moralisch unterstützt hat, alle anderen sind plötzlich im Schützengraben gewesen", sagte Ramprecht. Berner habe ihm gesagt, "Was du gesagt hast ist richtig, da ist ein System dahinter", das sei nur die Spitze des Eisbergs. Berner sei im Herbst 2009 nach ihm bei der Staatsanwaltschaft gewesen und habe über die Skizze, die der - nun mitangeklagte - Peter Hochegger angefertigt habe, ausgesagt, und dass Hochegger ihm damals im Jahr 2000 geschildert habe, diese Personen sollten bei Privatisierungen mitkassieren.
 
Wess hielt Ramprecht dann vor, dass Berner gestern gesagt habe, er habe Ramprecht "therapeutische Hilfe" angeboten nach seiner Nichtverlängerung als Bundesbeschaffungsgesellschafts-Geschäftsführer. Ramprecht erklärte, er sei damals "durch den Wind" gewesen, weil er von Grasser schwer enttäuscht gewesen sei. "Willi Berner ist mein persönlicher Freund", sagte er, sein Freund habe ihm damals im Witz gesagt, er brauche Hilfe, er habe ihn beruhigen wollen.
 

Audio-Dateien

Der Grasser-Verteidiger hielt dann Abschnitte aus von Ramprecht selber aufgezeichneten Audio-Dateien vor, die Inhalte gehen ins Privat- und Familienleben des Zeugen. Er stellte den Antrag, die Audio-Dateien im Gericht abzuspielen, weil es direkte Beweismittel zur Glaubwürdigkeit des Zeugen seien. Staatsanwalt Alexander Marchart sprach sich dagegen aus, es gehe nicht um prozessrelevante Themen. Ramprecht selber sagte, es wären Hunderte Stunden aufgezeichnet, und 90 Prozent davon beträfen sein Sprachenlernen.
 
Meischberger Verteidiger Jörg Zarbl stellte ebenfalls Fragen an Ramprecht - wobei Richterin Marion Hohenecker einige Male eingriff und die Fragen nicht zu ließ, weil sie nichts mit dem Prozessgegenstand zu tun hätten. Zarbl stellte Fragen nach dem Ort des Tennismatches von Ramprecht mit dem nun mitangeklagten Ernst Plech in Wien, wo Plech laut Ramprecht ihm gesagt habe, dass die Buwog-Privatisierung ein abgekartetes Spiel gewesen sei. Er habe sich wieder daran erinnert, dass ihn sein Bruder dorthin gebracht habe, wie er nach Hause gekommen sei, wisse er nicht mehr, sagte Ramprecht.
 
Gefragt zu seiner "Medienstrategie" sagte Ramprecht, eine solche habe er nicht. Er sei im Herbst 2009 vom "profil" angerufen und am falschen Fuß erwischt worden, dann sei ein "Medienspektakel" losgegangen. Zuvor war bekannt geworden, dass bei der Buwog-Privatisierung im Jahr 2004 eine Millionenprovision an Peter Hochegger und Walter Meischberger geflossen war.
 
Zarbl fragte auch zum Bereich Dorotheums-Privatisierung nach. Ramprecht habe behauptet, dabei sei Schmiergeld geflossen, ob er dies aus Rache für seinen Rauswurf bei der Soravia-Gesellschaft Minopolis gemacht habe. Ramprecht antwortete, er sei bei Minopolis freiwillig gegangen, weil er nicht vertreten wollte, die Ertragslage der Gesellschaft gegenüber potenziellen Käufern besser darzustellen, als sie in Wirklichkeit gewesen sei, nämlich defizitär.
 
Schließlich äußerte sich Ramprecht noch zum Hauptangeklagten Grasser: Früher habe er ihn bewundert, dann sei er sehr enttäuscht gewesen, aber das sei schon lange her. Nun hege er "Mitleid" mit ihm.
 
Die Befragung von Ramprecht wurde heute abgeschlossen. Am Nachmittag wird noch ein Zeuge per Videokonferenz aus London befragt, er war bei der Investmentbank Lehman Brothers, die die Bundeswohnungsprivatisierung begleitete.
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