Zitierverbot

Edtstadler gibt "Nachhilfe" für Menschenrechte - und erntet heftige Kritik

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Auf X (vormals) Twitter gab Ministerin Edtstadler eine ''kleine Nachhilfestunde für alle vermeintlichen Menschenrechtsexpert:innen" - und bekam dafür einen kleinen Shitstorm.

"Sagen, was ist: Die Pressefreiheit ist nicht absolut", beginnt Verfassungsministerin Karoline Edtstadler ihr langes Statement zur anhaltenden Debatte über ihr geplantes Zitierverbot in nicht öffentlichen Ermittlungsverfahren. Sie wiederholt das Argument der Kritiker, so ein Gesetz würde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht zugelassen werden. "Das ist aber falsch", so Edtstadler. 

 

Die Europäische Menschenrechtskonvention sei ein kodifizierter Kompass unserer Gesellschaft. Allerdings würden sich häufig verschiedene Grundrechte miteinander schneiden. "Beispiel: Das Versammlungsrecht des Einen kann in das Eigentumsrecht des Anderen eingreifen. In diesen Fällen ist eine Abwägung vorzunehmen, die in aller Regel zu einer Beschränkung eines Grundrechts führen wird", erklärte die Ministerin. Eine ähnliche Abwägung müsse auch bei dem Zitierverbot diskutiert werden. 

Edtstadler weiter: "Natürlich kann ab Anklageerhebung und nach öffentlicher Verhandlung die Öffentlichkeit nur mehr in Ausnahmefällen ausgeschlossen werden, die Entscheidung darüber liegt beim Gericht. Im Ermittlungsverfahren ist jedoch noch nicht klar, ob Anklage erhoben wird oder mit Einstellung vorzugehen ist. Es steht im Widerspruch zur Unschuldsvermutung und zur unbeeinflussten Rechtsprechung, wenn das nicht öffentliche Ermittlungsverfahren wortwörtlich - in Form von Zitaten aus dem Ermittlungsakt oder gar ganzer Vernehmungsprotokolle - in der medialen Öffentlichkeit abgehandelt werden."

Falter-Chef Klenk und ORF-Star Thür kontern Edtstadler 

Die "Nachhilfestunde", wie sie selbst bezeichnete", kam bei vielen nicht sonderlich gut an. "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk, der selbst Rechtswissenschaften studiert hat und mit seiner Dissertation das Thema "Pressefreiheit und Unschuldsvermutung" behandelte, schrieb via X etwa: "Dass das Zitieren aus Akten die Unschuldsvermutung verletzten soll, ist einfach falsch. Edtstadler will nur verhindern dass Zitate á la 'Vergiss nicht Du bist die Hure der Reichen' öffentlich werden."

 

Auch "ZIB2"-Moderator Martin Thür schaltete sich in die Debatte ein. Er verwies auf einen Gastkommentar des Rechtswissenschaftlers Nikolaus Forgó im "Profil". "Ministerin Edtstadler reagiert - ohne ihn zu nennen - auf diesen Kommentar zum von ihr vorgeschlagenen Verbot aus Akten zu zitieren. Sie kritisiert dabei, dass man die Debatte am liebsten 'beenden' wolle und nennt Kritiker “vermeintliche Menschenrechtsexpert:innen. Auch nicht gerade wertschätzend", so Thür. 

Klenk legte später dann noch mal nach und schrieb: "Es wurden keine 'privaten Chats' veröffentlicht, sondern jene, in denen öffentliche Gelder und Ämter verteilt wurden. Das veröffentlichen von Akten gefährdet per se auch nicht die Unschuldsvermutung. Wer das behauptet, will sich nur die Presse vom Leib halten." Die Zitierung solch weitreichender Sätze wie "Kriegst eh alles , was Du willst" oder "Du bist die Hure für die Reichen" käme einem Eingriff in unser aller Informationsfreiheit gleich. 

 

 

X-User ebenso wenig begeistert

In den Kommentaren unter Edtstadlers Zitierverbot-Statement finden sich größtenteils negative Bemerkungen. "Schaut halt schon sehr nach Anlassgesetzgebung aus", "Wir nehmen Sie nicht mehr ernst, Frau Minister" oder ähnliche Sätze sind dort zu lesen. 

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