"Nicht zielgerichtet genug"

Nach RH-Kritik: Kocher will Bildungskarenz reformieren

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Nach dem kritischen Rechnungshof-Bericht zur Bildungskarenz drängt Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) nun auf eine Reform des Weiterbildungsgeldes. 

 "Ich halte es für ein gutes Instrument. Vielleicht kann man es aber noch besser machen", sagte Kocher im APA-Gespräch. "Es geht darum, das Instrument noch angepasster an die Notwendigkeiten des modernen Arbeitsmarkts zu machen." Änderungsmöglichkeiten sieht der Minister bei der konkreten Ausgestaltung und einzelnen Regelungen.

Kocher will im Herbst "eine breite öffentliche Debatte" über die Weiterentwicklung der Bildungskarenz führen. Das Instrument sei "vielleicht nicht zielgerichtet genug". "Es steht dazu nichts im Regierungsprogramm. Ich kann nicht sagen, ob es gesetzliche Änderungen geben wird". Ziel sei es, "dass die Bildungskarenz noch mehr Menschen nutzen und dass es möglichst effektiv genutzt wird".

Im Jahresdurchschnitt 2021 nahmen in Österreich knapp 14.000 Personen Bildungskarenz. Das AMS zahlte aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung im Jahr 2021 dafür rund 195,5 Mio. Euro an Weiterbildungsgeld aus, dazu kamen weitere rund 100,3 Mio. Euro an Sozialversicherungsbeiträgen (inklusive Krankengeld). "Es soll keine Spardiskussion werden, das ist nicht das Ziel", versicherte der Arbeitsminister. Die Höhe des Weiterbildungsgeldes entspricht dem Arbeitslosengeld.

Kritik des Rechnungshofes

Der Rechnungshof (RH) wies in seinem Ende April veröffentlichten Prüfbericht auf Schwachstellen der Bildungskarenz hin. Die inhaltlichen Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung seien "so gering, dass Bildungskarenz gleichermaßen für wenig aufwändige, arbeitsmarktpolitisch wenig relevante Kursangebote und für mit öffentlichen Mitteln finanzierte 'Auszeiten aus dem Arbeitsprozess' genutzt werden konnte", schrieben die RH-Prüfer in ihrem Bericht. Von 2010 bis 2021 verdoppelte sich laut Rechnungshof die Anzahl der Personen, die Weiterbildungsgeld bezogen. Die Ausgaben für Weiterbildungsgeld waren im Jahr 2021 fast dreimal so hoch wie 2010. Allein im Zuge der Coronapandemie stiegen die Ausgaben um 40 Prozent. Im Jahr 2021 waren 74 Prozent der Weiterbildungsgeld-Beziehenden Frauen. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor.

Die Möglichkeit zur Bildungskarenz gibt es seit Jänner 1998. Unselbstständig Beschäftigte können sich zur Aus- und Weiterbildung zwei Monate bis zwölf Monate freistellen lassen. In der Zeit der Karenzierung gibt es ein Weiterbildungsgeld, das dem Arbeitslosengeld entspricht, grundsätzlich 55 Prozent des vorangegangenen Nettoeinkommens. Während der Bildungskarenz ist nebenbei eine geringfügige Beschäftigung bis maximal 500,91 Euro monatlich erlaubt. Der Arbeitgeber muss der Bildungskarenz aber zustimmen, es besteht kein Rechtsanspruch. Im Zeitraum der Bildungskarenz besteht kein gesetzlicher Kündigungsschutz. Seit die vorausgesetzte Vor-Beschäftigungszeit von drei Jahren auf ein halbes Jahr reduziert wurde, ist die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher stark gestiegen.

Kocher verwies darauf, dass im deutschen Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eine Bildungskarenz nach österreichischem Vorbild festgeschrieben ist. "Mit einer Bildungs(teil)zeit nach österreichischem Vorbild bieten wir Beschäftigten finanzielle Unterstützung für arbeitsmarktbezogene Weiterbildung. Dies ermöglicht z. B. das Nachholen eines Berufsabschlusses oder eine berufliche Neuorientierung", heißt es im Koalitionsvertrag. Der deutsche Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte im Jänner ein entsprechendes Weiterbildungsgesetz an, bisher wurde es aber noch nicht beschlossen. Das Bildungszeit-Fördervolumen wird in Deutschland (84 Mio. Einwohner) vergleichsweise deutlich niedriger ausfallen in Österreich (9 Mio. Einwohner). Das Weiterbildungsgesetz soll bei der Bundesagentur für Arbeit bis 2026 mit 771 Mio. Euro zu Buche schlagen. 190 Mio. Euro sollen vom deutschen Bund dazukommen.

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