Regierung

Van der Bellen fordert Regierung zum Arbeiten auf

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Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich am Mittwoch wegen der Teuerungskrise mit einem deutlichen Appell an die türkis-grüne Koalition gewandt:

Die Regierung müsse jetzt, "und zwar ohne Verzögerung", das tun, "wofür sie gewählt wurde - sorry: Arbeiten, arbeiten", forderte das Staatsoberhaupt bei der Eröffnung der Bregenzer Festspiele. "Die Dringlichkeit gebietet rasches, geschlossenes und entschlossenes Handeln. Und vor allem Solidarität."

Seine Worte seien "vielleicht ein wenig ungewohnt für eine Festspiel-Eröffnungsrede", merkte Van der Bellen zu Beginn an. Man solle zwar Dinge nicht schlechtreden, aber "wenn wir uns nicht in die eigene Tasche lügen wollen", müsse man zur Kenntnis nehmen: Spätestens, wenn der Winter komme, "laufen wir in ein massives Energieproblem", wenn man jetzt nicht dementsprechend vorbereitend handle, warnte der Bundespräsident.

Bereits jetzt stiegen Preise für viele Produkte des täglichen Bedarfes dramatisch, betonte Van der Bellen. "Hunderttausende von Menschen in unserem Land haben Angst und sind am Rande der Verzweiflung. Das sind alleinerziehende Mütter, Mindestpensionisten, aber auch Menschen, die bislang keine gröberen Geldsorgen hatten." Zur Bewältigung der Probleme sei Solidarität gefragt.

"Finde ich es gut, wenn Regierende auf allen Ebenen, die uns durch diese Situation leiten sollen, auch viel mit sich selbst beschäftigt und abgelenkt sind? Natürlich nicht", sagte Van der Bellen. Dennoch sprach er sich klar gegen Neuwahlen aus: Er sehe seine Verantwortung darin, "gerade in dieser Zeit die größtmögliche Stabilität zu garantieren" und "dafür zu sorgen, dass wir Wochen und Monate völliger Unmanövrierbarkeit vermeiden", erklärte das Staatsoberhaupt, das sich selbst im Herbst der Wiederwahl stellt. "Und ich bin deswegen zum Entschluss gekommen, dass die Regierung jetzt das tun soll und muss, und zwar ohne Verzögerung, wofür sie gewählt wurde - sorry: Arbeiten, arbeiten." Und darüber "rasch und verständlich kommunizieren", meinte Van der Bellen.

Die Lösung der Probleme müsse eine gesamtstaatliche, gemeinsame Anstrengung sein. Strom- und Gasmärkte seien sehr komplex, Bund, Länder und Gemeinden seien gefordert und müssten mit Unternehmen kooperieren, die auf Aktienmärkten operieren - "das ist alles nicht einfach". Die Anstrengungen müssten auch "entsprechend kommuniziert werden".

Den Vorwürfen der Korruption müsse eine umfassende Aufarbeitung und Aufklärung dieser Vorwürfe folgen, sagte Van der Bellen. Dem Einschalten der Wärmekraftwerke mit fossilen Brennstoffen, das im Augenblick leider die bestmögliche Option sei, müsse schnell ein massiver Ausbau der nicht-fossilen Energiegewinnung folgen. Der "Abfederung der steigenden Preise" müsse "eine gute und nachhaltige Absicherung für alle" folgen, wünschte sich Van der Bellen. Man werde das alles bewältigen, wenn man zusammenhalte, zeigte sich Van der Bellen überzeugt.

Die Energiekrise, die Inflation und die Armutsgefahr seien "ein bewusst herbeigeführter, kriegerischer Akt", kritisierte Van der Bellen den russischen Präsidenten Wladimir Putin scharf. "Warum ist plötzlich alles unsicher, was über Jahrzehnte so sicher schien? Weil nicht so weit von hier in Moskau ein Diktator herrscht, der es nicht ertragen kann, dass Menschen in Europa in individueller Freiheit und Unabhängigkeit leben wollen." Putin träume von einer Wiedergeburt eines russischen Imperiums. Er habe einen Krieg begonnen, "er lässt Bomben auf Städte und Dörfer werfen, treibt Millionen Menschen in die Flucht". Zehntausende haben bereits ihr Leben verloren, erinnerte Van der Bellen. "Während wir heute die Festspiele eröffnen, harren Familien in ukrainischen Städten in Kellern und Luftschutzbunkern aus."

Zudem drossle der russische Präsident die Gasversorgung in Europa, "und machen wir uns nichts vor, er wird sie ganz abdrehen, wann immer es ihm gefällt". Diese Abhängigkeit sei "unerträglich", aber es sei auch unerträglich, "auch nur mit dem Gedanken zu spielen, sich zum unterwürfigen Verbündeten eines Diktators zu machen", betonte Van der Bellen unter Applaus der Gäste. "Wir sind nicht Putins Vasallen." Vergangene Regierungen hätten die Gefahr der Abhängigkeit "nicht gesehen, ignoriert", Politik und Wirtschaft hätten hier "Fehler gemacht", räumte Van der Bellen ein. "Und ja, ich selbst habe mich auch täuschen lassen - ich hatte Putin anders eingeschätzt."

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