Der ÖVP-Parteitag zeigte, wohin sich die ÖVP nach Kurz bewegt: zurück auf Schüssel-Kurs. Der Insider von Politik-Chefredakteurin Isabelle Daniel.
Das Vorbild. Karl Nehammer selbst ist in die politische Schule von Erwin Pröll gegangen. Vier Jahre arbeitete er für den einstigen Landeshauptmann von Niederösterreich, dessen Landesgruppe auch jetzt als seine stärkste Stütze in der ÖVP gilt.
Aber: Der gestrige VP-Parteitag in Graz zeigte deutlich, dass Wolfgang Schüssel das Vorbild für den neuen Parteichef zu sein scheint. Dem einstigen VP-Kanzler – er wurde 1999 als Nummer drei zum Kanzler und zertrümmerte 2002 kurzfristig die FPÖ, mit der er regiert hatte – wurde gemeinsam mit Sebastian Kurz die Bühne gegeben. Schüssel „bedankte“ sich bei Nehammer, dass dieser in Moskau gewesen war. Schüssel machte klar, dass seine Reformen aus seiner Sicht – Pensionsreform und Co. – richtig gewesen seien. Und: Er schwor seine Partei auf Kampf ein.
Christlich-sozial und wirtschaftsliberal
Kurs. Inhaltlich könnte das in der Koalition mit den Grünen freilich für Schwierigkeiten sorgen. Denn Schüssels Kurs bedeutet: sehr christlich-sozial – rechtskonservativ – und wirtschaftspolitisch sehr freizügig.
Schüssel, der 2000 die Koalition mit der Haider-FPÖ geschlossen hatte und dessen Finanzminister Karl-Heinz Grasser später (noch nicht rechtskräftig) verurteilt wurde, hatte hinter den Kulissen freilich auch ein gutes Verhältnis zu Sebastian Kurz. Dieser hatte sich in der Sozialpolitik – auch weil Schüssel wegen seines harten Kurses 2006 die Wahl verlor – moderater gegeben. Etwas, das er übrigens von Erwin Pröll abgeschaut hatte.