Der Skandal im Innenministerium bringt die Koalition ins Wanken: Die SPÖ setzte der ÖVP Daumenschrauben an und drohte mit einem U-Ausschuss.
In der Koalition ist spätestens seit Freitag Feuer am Dach: Der Skandal im Innenministerium bringt die ÖVP und vor allem Minister Günther Platter in Zugzwang – und die SPÖ erhöhte am Freitag den Druck auf den ungeliebten Koalitionspartner. Kein Wunder: Steht doch der Verdacht im Raum, dass die ÖVP den Polizeiapparat dazu verwendet hat, um gegen die SPÖ im Wahlkampf 2006 Munition zu bekommen. Klubchef Josef Cap drohte dem Koalitionspartner deshalb mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss – für die Schwarzen nach den Erfahrungen von Eurofighter- und Bankenausschuss ein Gräuel.
Vertuschung
Cap wörtlich: „Wir beteiligen uns nicht an einer
Vertuschungskoalition.“ Sollte die ÖVP nicht an der Aufklärung mitarbeiten,
könnte die SPÖ spätestens Mitte März grünes Licht für einen U-Ausschuss
geben. Und Cap stellte konkrete Bedingungen: Spätestens Ende Februar müsse
der parlamentarische Innenausschuss tagen und Platter Rede und Antwort
stehen. Härtester Knochen für die ÖVP: Cap will, dass die
Untersuchungskommission, die den Fall Kampusch untersuchen soll, umgebildet
wird. Konkret soll Ex-Rechnungshof-Chef Franz Fiedler die Untersuchung
leiten.
Koalitionsfrage
Für den steirischen SPÖler Josef Muchitsch stellt
sich jetzt sogar die Frage, ob man mit der ÖVP noch kann, wenn sich die
Verdachtsmomente erhärten. Muchitsch vergleicht die Koalition mit einer Ehe:
„Dann fehlt die Grundlage für die Partnerschaft und man muss sie
hinterfragen.“ Und auch der rote oö. Landesrat Josef Ackerl ist „schwer
enttäuscht“: Sollte ein U-Ausschuss notwendig sein und die ÖVP sich dagegen
wehren, „soll sie sich aus der Regierung zurückziehen.“
Sondersitzung
Die Grünen heizten die explosive Stimmung in der
Koalition noch an: Parteichef Alexander Van der Bellen kündigte eine
Sondersitzung des Parlaments an – die übernächste Woche stattfinden soll.
Und: Die Grünen werden einen U-Ausschuss beantragen.
Kriegsfall
In der ÖVP flattern jedenfalls die Nerven.
Generalsekretär Hannes Missethon hatte Freitag früh indirekt sogar
zugegeben, dass die seinerzeitige Innenministerin Liese Prokop die
Aufklärung der Missstände im Fall Kampusch bis nach die Nationalratswahl
2006 verzögert hatte. Am Vormittag verlegte sich die ÖVP dann auf eine
Mischung aus Nachgeben und Gegen-Drohungen: So nannte Missethon die
SPÖ-Drohung eines U-Ausschusses „ein Mittelding zwischen Kriegsfall und
einem sehr unfreundlichen Akt“. Gleichzeitig nahm Platter mit
Ex-VfGH-Präsident Ludwig Adamovich einen weiteren unabhängigen Experten in
seine Untersuchungskommission auf – den Cap ausdrücklich gefordert hatte.
Mit dem Fiedler-Wunsch ließ Platter Cap indes abblitzen: Chef der Kommission
bleibt Sektionschef Mathias Vogel. Und der war seinerzeit im Kabinett Prokop
Kollege von Kabinettschef Philipp Ita.