Opposition tobt wegen Beschluss und sieht Verfassungswidrigkeit bestätigt.
Die SPÖ mobilisiert weiter gegen den Nationalratsbeschluss vom Donnerstag, der Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) "Vorbereitungshandlungen" für die Krankenkassenreform erlaubt, bevor die grundlegenden Gesetze dafür in Kraft sind. Verfassungsrechtsexperten schätzten dies als klar verfassungswidrig ein, hieß es am Freitag. Man werde dieses "Ermächtigungsgesetz" mit allen Mitteln bekämpfen.
Verfassungswidrigkeit
Die Sozialdemokraten berufen sich dabei etwa auf ein erstes Gutachten des ihnen nahestehenden früheren Verfassungsrichters Rudolf Müller. Das Rechtsstaatsprinzip werde mit der am Donnerstag per ÖVP-FPÖ-Abänderungsantrag beschlossenen Einfügung in das ASVG "geradezu in sein Gegenteil verkehrt", meinte dieser darin. Eine Bestimmung, die zu Handlungen ohne gesetzliche Grundlage ermächtigt, könne "sogar als Genehmigung zum Amtsmissbrauch" verstanden werden.
Auch auf Bedenken der Professoren Walter Pfeil (in "Standard" und "Salzburger Nachrichten") sowie von Walter Berka beruft sich die SPÖ. Ähnliche Wortmeldungen kamen - in der "Presse" zitiert - auch von den Juristen Bernd-Christian Funk und Karl Stöger. Die SPÖ bezeichnet die Bestimmung - wohl in Anspielung auf den Austrofaschismus - als "Ermächtigungsgesetz".
Mit allen Mitteln bekämpfen
Vize-Klubchef Jörg Leichtfried kündigte an, die Gesetzesänderung, die noch die Zustimmung im Bundesrat benötigt, mit allen Mitteln bekämpfen zu wollen. Man sei dazu in guten Gesprächen mit den anderen Oppositionsparteien. "Das ist ein Anschlag auf die parlamentarische Demokratie. Kein einziger ernstzunehmender Verfassungsjurist wird das als rechtskonform bewerten", sagte er.
Man fordere ein Experten-Hearing im Bundesrat, um fundierte juristische Einschätzungen zu behandeln. "Die Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ dürfen mit diesem illegalen und demokratiegefährdenden Vorhaben nicht durchkommen", so Leichtfried. Man werde sich außerdem mit einem Brief an Bundespräsident Alexander Van der Bellen wenden, der das Gesetz gegenzeichnen muss.
"Tritt die Änderung trotzdem in Kraft, werden mit damit zum Verfassungsgerichtshof gehen", kündigte Leichtfried an. Möglich ist dies mittels Drittel-Verlangen im Bundesrat.