Ex-Parteichef Strache auf den Spuren Jörg Haiders
Mit dem Ausschluss aus der FPÖ hat Heinz-Christian Strache den Weg Jörg Haiders genommen. Beide FPÖ-Chefs hatten die Partei in lichte Höhen katapultiert, bescherten ihr tiefe Abstürze und wurden am Ende ausgeschlossen. Für Strache brachte nicht gleich die Ibiza-Affäre, sondern sein Drang zurück in Parteifunktionen und andauernde Enthüllungen das Fass zum Überlaufen.
Die langjährige Erfolgswelle Straches, die in seiner Vizekanzlerschaft mündete, kam freilich schon im Mai abrupt zum Stehen: Ein zwei Jahre altes Agent-Provocateur-Video brachte den ohnehin wegen seiner Vergangenheit im rechtsextremen Milieu umstrittenen Vizekanzler in arge Nöte. Einer vermeintlichen russischen Millionärin hatte er bei dem auf Film gebannten Treffen etwa dargelegt, wie sie am Rechnungshof vorbei der FPÖ eine Spende zukommen lassen könnte. Der Rest ist Geschichte: Die Regierung mit der ÖVP platzte, Strache legte Obmann- und Vizekanzlerschaft nieder.
Steiler Aufstieg
So hat sich Strache das Ende seiner langjährigen Parteikarriere sicher nicht vorgestellt: Schon mit 21 Jahren begann er die blaue Leiter hinaufzuklettern und wurde 1991 jüngster Bezirksrat in Wien-Landstraße. Nebenbei wurde Strache zum Zahntechniker ausgebildet und auch relativ früh Vater von zwei Kindern mit seiner damaligen, einer prominenten Wiener Gastronomen-Familie entstammenden Ehefrau.
Politisch ging es flott nach oben. Lange vor seinem 30. Geburtstag angelte er sich ein Mandat im Wiener Landtag und galt rasch als Hoffnungsträger der traditionell starken Landesgruppe. Anfangs noch Fan Jörg Haiders, hantelte er sich während Schwarz-Blau zu dessen stärkstem parteiinternen Kontrahenten hoch. Strache war auch eine der prominentesten Figuren des Knittelfelder Delegiertentreffens, das Susanne Riess-Passer aus Partei und Politik trieb - und Straches steigende Popularität wohl mit ein Anlass für Haider, sich mit dem BZÖ aus der FPÖ zu verabschieden.
Damit war 2005 die Stunde Straches gekommen: Er wurde Parteichef. Umgeben von einem treuen Stab - mit Herbert Kickl, Harald Vilimsky und Norbert Hofer - konsolidierte er die Partei sowohl finanziell als auch beim Wähler. Immer wiederkehrende Vorwürfe aus der Vergangenheit - etwa seine Vergangenheit in der Neonazi-Szene - stoppten Straches Weg nach oben nicht. Anti-EU- und -Islampolitik erwiesen sich als beständige Wahlkampfschlager.
Vizekanzler als Höhepunkt
Der Niedergang der SPÖ-ÖVP-Koalition schwemmte ihn in Umfragen im Jahr 2017 zeitweise sogar an die Umfragen-Spitze, erst Sebastian Kurz' Kür zum ÖVP-Obmann ließ die Freiheitlichen ein wenig nach unten sacken. Das hatte für Strache - inzwischen mit der ehemaligen SPÖ-Assistentin Philippa verheiratet - aber auch seinen Vorteil. Denn der neue ÖVP-Chef scheute sich nicht, Strache und seine Getreuen in die Regierung zu holen.
Dass Kurz sich das traute, hatte der FPÖ-Chef aber auch einem eigenen Image-Wandel zu verdanken. Vertrieb Strache früher potenzielle Partner mit rüden Wahlkämpfen und wenig geschmackssicheren Auftritten - etwa mit einem Burschenschafter-Käppchen am Kopf bei der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem -, versuchte er sich über die Jahre zunehmend in einer immer staatsmännischeren Rolle. 2017 lotete sogar der damalige SPÖ-Chef Christian Kern eine Zusammenarbeit aus.
In Regierungsfunktion angekommen machte der Langzeit-Parteichef selbst inhaltlich nicht viel - was auch mit seinen schmalen Ressorts öffentlicher Dienst und Sport zusammenhing. Mehr inszenierte sich Strache - auf den sozialen Medien - als romantischer Ehemann, Papa-Monat-Vater (seines dritten, Anfang des heurigen Jahres geborenen, Kindes) und Hundefreund. Wichtig war ihm zu allererst, dass das türkis-blaue Projekt insgesamt auf Schiene blieb.
Auf Haiders Spuren
Ob Strache nach seinem Parteiausschluss weiter auf Haiders Spuren wandeln wird, wird sich zeigen. Sehr gut möglich ist, dass er die von ehemaligen blauen Gemeinderatsmandataren gegründete Partei "Allianz für Österreich" (DAÖ) in die Wien-Wahl führt.
Zur Person: Heinz-Christian Strache, geboren am 12. Juni 1969 in Wien, zwei Kinder aus erster Ehe, ein weiteres aus der jetzigen, verheiratet. Gelernter Zahntechniker. Ab 1991 Mitglied der Bezirksvertretung (Bezirksrat) von Wien-Landstraße, ab 1993 Bezirksparteiobmann der FPÖ Wien-Landstraße, 1996-2006: Wr. Landtags-Abgeordneter, 2004 Landesparteiobmann der FPÖ Wien, 2005-2019 FPÖ-Bundesparteiobmann, seit 2006 Klubobmann des FPÖ-Parlamentsklubs, Dezember 2017 bis Mai 2019 Vizekanzler.