Mit der Novelle werden die Aufgaben anders verteilt, und es kommen neue dazu. Richter und Staatsanwälte sind überfordert.
Die am 1. Jänner in Kraft tretende Strafprozessreform führt laut Ö1 schon im Vorfeld zu Personalknappheit, weil Posten an den Gerichten gestrichen werden. Dazu kommt, dass mit Jahresbeginn die Staatsanwälte auch die Aufgaben der bisherigen Untersuchungsrichter übernehmen müssen.
Besonders schlimm in Graz
Dramatisch scheint die Situation vor
allem am Straflandesgericht Graz zu sein, wo man dabei ist, sechs
Richterposten abzubauen. Nur wenn ein Häftling in Untersuchungshaft auf
seinen Prozess wartet, werde die Verhandlung auch stattfinden, erklärt der
Gerichtssprecher.
Herberstein auf der Warteliste
Für aufwendige Verfahren wie den
Herberstein-Prozess fehle es an Personal. Geplant war der Prozess für Anfang
des Jahres. Jetzt stehe der Prozesstermin in den Sternen, denn es sei
unmöglich, die zuständige Richterin für dieses komplizierte Verfahren
mehrere Wochen lang freizustellen.
Nichts geht mehr
Dem Gerichtssprecher zufolge habe man bereits
Richter verloren, am 1. Dezember gehen drei weitere, mit 1. Jänner drohe
noch einmal ein Personalabbau. Von zuletzt 24 Richtern werde die Zahl der
Planstellen auf 18 reduziert.
Die Gerichte würden zwar Aufgaben an die Staatsanwaltschaft abgeben, zugleich aber kämen neue Aufgaben auf die Richter zu, etwa durch mehr Berufungsmöglichkeiten und mehr Entscheidungen über vorzeitige Haftentlassungen.
Richter haben nicht weniger zu tun
An anderen Gerichten scheinen
die Probleme zumindest vorerst nicht so groß zu sein - aus einem einfachen
Grund: Richter können nicht zwangsversetzt werden und können an einem
Gericht bleiben, selbst wenn ihre Planstelle gestrichen wird. Die Folge ist
aber laut dem Vizepräsidenten der Richtervereinigung, Manfred Herrnhofer,
dass in Wien derzeit jede frei werdende Planstelle in Frage gestellt wird -
sogar an den Zivilgerichten.
Er befürworte zwar die Strafprozessreform, so Herrnhofer, aber auch er glaubt nicht, dass die Richter weniger zu tun haben werden, nur weil die Staatsanwälte einen Teil ihrer Aufgaben übernehmen.
Justizministerium anderer Meinung
Die Staatsanwaltschaft in
Österreich bekomme 70 neue Posten, entgegnet das Justizministerium. Dadurch
gebe es den höchsten Personalstand aller Zeiten. Aber auch die
Staatsanwaltschaft hat Probleme: Viele Richter scheinen den Schritt vom
Richter zum Staatsanwalt als Rückschritt zu sehen. Daher konnten offenbar
erst zwei Drittel der zusätzlichen Planstellen auch besetzt werden.