Das Justizministerium war von 50 zusätzlichen Verfahren nach dem neuen Paragrafen ausgegangen.
Seit November steht die Ein- und Ausreise zu terroristischen Zwecken in Österreich unter Strafe. Doch entgegen den Erwartungen hat sich der neue Terrorparagraf bisher als totes Recht erwiesen. Wie das Justizministerium der APA auf Anfrage mitteilte, hat es in den ersten vier Monaten seit Inkrafttreten von Paragraf 278g Strafgesetzbuch noch "keinen Anfall" gegeben.
Experten und Opposition hatten scharfe Kritik an dem neuen Tatbestand geübt, Strafrechtler sprachen von "Gesinnungsstrafrecht" und befürchteten Missbrauch. Während nämlich zuvor ein Vorsatz und entsprechende Vorbereitungshandlungen nötig waren, reicht nun bereits die Ein- oder Ausreise aus. Die Strafdrohung beträgt sechs Monate bis fünf Jahre, wobei die Reisetätigkeit nicht strenger bestraft werden darf als das damit verbundene Terrordelikt. Das Justizministerium war früheren Berichten zufolge von 50 zusätzlichen Verfahren nach dem neuen Paragrafen ausgegangen.
Weniger Terrorverfahren
Insgesamt wurden im Vorjahr 310 Terrorverfahren eingeleitet, um 70 weniger als 2017. Es gab 46 Anklagen (minus 16) und 39 Verurteilungen (plus 1). In 221 Fällen ging es um eine terroristische Vereinigung (Paragraf 278b), in 59 um Terrorfinanzierung (Paragraf 279d). Kaum ins Gewicht fielen die Tatbestände Ausbildung für terroristische Zwecke (Paragraf 278e) mit sieben Fällen und Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat (Paragraf 278f) mit einem Fall. 15 Fälle bezogen sich auf Paragraf 279c, der terroristische Straftaten mit bis zu 20 Jahren Haft bedroht.
Wegen Terrordelikten befinden sich aktuell (Stichtag 1. März) 59 Personen in Haft, davon 20 in Untersuchungshaft. Darunter seien zwei Frauen und elf junge Erwachsene. Es gebe 95 Haftbefehle, 93 Ermittlungsverfahren seien abgebrochen worden, weil die betroffenen Personen unbekannten Aufenthalts sind.