Er wirft dem Außenminister "Hang zum Populismus" vor und kritisiert die Türkei-Politik Österreichs.
Der frühere tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg hat die Türkei-Politik von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) kritisiert und dem ÖVP-Jungstar einen Hang zum Populismus vorgeworfen. "Leider verfällt auch er dem Populismus", sagte Schwarzenberg der "Presse am Sonntag". Von Kern habe er "noch keinen bestimmten Eindruck".
"Was sowohl der Kanzler als auch der Außenminister in Bezug auf die Türkei gesagt haben, das war keine Außenpolitik. Das war an die heimischen Wähler adressiert", sagte der böhmische Adelige. Bei Kern sei er "doch sehr erstaunt" gewesen, dass er sich in Budapest "mit Viktor Orban solidarisiert" habe. "Für einen Sozialdemokraten ist das doch etwas sehr Bemerkenswertes."
Kritischer äußerte sich Schwarzenberg zu Kurz, dem er bereits im März in einem "profil"-Interview attestiert hatte, dass ihm "sein Erfolg doch etwas zu Kopf gestiegen" sei. Auf die Frage, ob man die Menschen nicht auch mit nüchternem Sachverstand begeistern könne, meinte Schwarzenberg in Anspielung auf den ÖVP-Jungstar: "Man kann. Aber natürlich, wenn man nur Parteiobmann werden will, verfällt man gern dem Populismus."
"Politische Katastrophe"
Als "politische Katastrophe" bezeichnete Schwarzenberg den EU-Austritt Großbritanniens. Ohne das Vereinigte Königreich werde Europa "ein trister Anblick" sein, weil der EU "das englische Denken fehlen wird", konkret "die Freude am Widerspruch". "Ich meine, ein Europa, das, böse gesagt, von einem französischen Zentralismus bestimmt wird, aber mit deutscher Gründlichkeit durchgeführt, erfüllt mich eher mit Schrecken."
Überhaupt zeichnete der bald 80-jährige Politiker ein pessimistisches Bild von der Politik. Verglichen mit Figl, Raab, Kreisky oder auch Churchill, Adenauer und DeGaulle seien die heutigen Politiker "langweilig geworden", auch deshalb, weil "die begabteren Leute" in den vergangenen Jahrzehnten eher in die Wirtschaft als in die Politik gegangen seien.
"Ich glaube, die goldene Zeit, die wir hatten, ist vorbei", sagte Schwarzenberg zu den politischen Zukunftsaussichten. Es werde in Europa zwar nicht zu einem großen Krieg kommen, "zu kleineren Konflikten innerhalb einzelner Staaten aber schon". Um die Ukraine kümmere man sich derzeit zu wenig. "Wenn es Russland gelingt, die Ukraine wieder in irgendeiner Form zu unterwerfen, dann weiß man, wer der Hegemon im Europa des 21. Jahrhunderts sein wird", mahnte Schwarzenberg.