Die Strafverteidiger und die NEOS fordern vollen Ersatz der Verfahrenskosten bei Freisprüchen.
Zuletzt hat sich der freiheitliche Fraktionschef im BVT-Untersuchungsausschuss, Hans-Jörg Jenewein, in diese Richtung starkgemacht. Der Präsident der Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen, Manfred Ainedter, verlangt nun die rasche legistische Umsetzung.
"Es kann nicht sein, dass freigesprochene Angeklagte auf den Kosten ihrer Verteidigung weitgehend sitzen bleiben. Es ist meist schwer genug, in mitunter langwierigen Verfahren einen Freispruch zu erkämpfen. Dann aber bis auf einen minimalen Pauschalbeitrag keinen Kostenersatz zu bekommen, kommt in der Auswirkung einer Bestrafung gleich", meinte Ainedter im Gespräch mit der APA.
Wer in einem landesgerichtlichen Verfahren von einem Einzelrichter freigesprochen wird, kann mit einem staatlichen Beitrag zu seinen Verteidigerkosten von bis zu 3.000 Euro rechnen. Bei Schöffen- und Geschworenenverfahren erhöht sich der Betrag auf bis zu 5.000 bzw. 10.000 Euro. Ein versierter Wahlverteidiger ist damit bei einem umfangreicheren Beweisverfahren wohl kaum, eine Konfliktverteidigung mit Sicherheit nicht finanzierbar.
Griss: "Derzeitige Regelung mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar"
Für NEOS-Justizsprecherin Irmgard Griss ist daher "die derzeitige Regelung mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar". "Wer freigesprochen wird, war allein schon durch das Strafverfahren einer großen Belastung ausgesetzt. Diesen Personen darüber hinaus teils existenzbedrohende Prozesskosten aufzubürden, kann in keiner Weise gerechtfertigt werden", gab Griss gegenüber der APA zu bedenken. Die NEOS haben daher vor Kurzem einen Entschließungsantrag im Nationalrat eingebracht, um die Gesetzeslage im Sinne der Betroffenen anzupassen. "Wir brauchen eine Regelung, die sicherstellt, dass bei Strafverfahren im Falle eines Freispruchs ähnlich wie bei Obsiegen im Zivilverfahren Kostenersatz nach dem tatsächlichen Aufwand geleistet wird", sagte Griss.
Laut Justizministerium wurden im Vorjahr insgesamt 2,27 Mio. Euro an Pauschalbeiträgen zu Verteidigerkosten ausbezahlt. Offen blieb auf APA-Anfrage, auf wie viele Freigesprochene sich diese Summe verteilt hat. Fest steht jedenfalls, dass die Beiträge seit 2013 (als 1,51 Mio. Euro ausgeschüttet wurden) angewachsen sind, was auf eine zwischenzeitlich in Kraft getretene StPO-Novelle zurückzuführen ist.
Wer sich mangels ausreichenden Einkommens und Vermögens keinen Wahlverteidiger leisten kann, bekommt bei Bedarf einen Verfahrenshelfer gestellt. Für die Angeklagten ist die Verfahrenshilfe kostenfrei, die Justiz beteiligt sich an den der Anwaltschaft aus der Verfahrenshilfe erwachsenden Kosten insoweit, als sie einen jährlichen Beitrag in die Pensionsvorsorge der Rechtsanwälte zuschießt und damit an der Altersversorgung der Anwaltschaft mitwirkt. Im Vorjahr wurden 18 Mio. Euro beigesteuert.