Im oe24.TV-Interview

Ludwig: "Sind für Wahlkampf gerüstet"

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Interview: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig über eine Regierung "ohne Vertrauen" und Neuwahlen.

oe24.at: Die Teuerung in Österreich nimmt zu, die Corona­pandemie ist nicht vorbei, es gibt die Gaskrise. Haben Sie den Eindruck, dass die türkis-grüne Regierung das handhaben kann?
Michael Ludwig: Für jede Regierung ist es gut, wenn sie eine möglichst breite Unterstützung in der Bevölkerung hat. Wenn man den Meinungsumfragen Glauben schenkt, und zwar ziemlich allen Meinungsumfragen, dann ist die Zustimmung in der Bevölkerung an einen Punkt angelangt, den es in diesem Ausmaß in der Zweiten Republik noch nicht gegeben hat. Also von daher spürt man einfach, dass die Bevölkerung das Vertrauen in diese Bundesregierung verliert.


oe24.at: Rechnen Sie mit baldigen Neuwahlen?
Ludwig: Es scheint so zu sein, dass sich aufgrund der Umfrageergebnisse ÖVP und Grüne sehr stark aneinanderklammern, um ja nicht in eine neue Wahlauseinandersetzung gehen zu müssen. Aber irgendwann wird wahrscheinlich der erste der beiden Koalitionspartner aus wahltaktischen Gründen den Absprung wählen. Immer dann, wenn die jeweilige Partei glaubt, dass es für sie günstiger ist, um bei der Nationalratswahl besser abzuschneiden.


oe24.at: Wäre es gut, wenn es Neuwahlen geben würde? À la „lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“?
Ludwig: Die Frage ist, inwiefern es dieser Bundesregierung gelingt, diese krisenhaften Erscheinungen zu managen. Man spürt, dass es ja auch in der Koalition in schwerwiegenden Fragen keine einheitliche Meinung gibt. Von daher wird man sich sehr schnell die Frage stellen müssen – auch in der Bundesregierung –, ob es nicht besser ist, Neuwahlen durchzuführen. Aber dafür ist eine Mehrheit im Nationalrat erforderlich und man wird sehen, welche der beiden Parteien als Erstes abspringt.


oe24.at: Ist die SPÖ fit für einen Wahlkampf?
Ludwig: Ja, die SPÖ ist natürlich vorbereitet: Personell genauso wie inhaltlich. Wir müssen keinen Wahlkampf scheuen. Die Bundesparteivorsitzende Dr. Rendi-Wagner hat in der Coronakrise gezeigt, dass sie sehr gute Vorschläge gemacht hat, die leider nicht oder zu spät von der Regierung aufgegriffen wurden. Sie hat jetzt auch in der Wirtschaftskrise viele Vorschläge gemacht, die ja jetzt offensichtlich auch von der ÖVP aufgenommen werden, wie das Beispiel von der Frau Landeshauptfrau Mikl-Leitner beim Preisdeckel zeigt. Ich bin überzeugt, dass wir gut aufgestellt sind.


oe24.at: Das sieht Landeshauptmann Doskozil im Burgenland etwas anders. Er sagt, die Entscheidung über die Spitzenkandidatur sei noch nicht gefallen.
Ludwig: Na ja, formal ist das auch richtig, denn die Entscheidung wird immer auf einem Bundesparteitag getroffen. Ich gehe davon aus, dass unsere Bundesparteivorsitzende die Spitzenkandidatin ist.


oe24.at: Doskozil ist klar für Rot-Grün-Neos, andere wollen wieder Rot-Schwarz – auch Sie?
Ludwig: Wir kandidieren als SPÖ bei der Nationalratswahl und nicht als Koalition. Nach der Wahl wird entschieden, welche Koalitionen rechnerisch und inhaltlich möglich sind. 

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