Das sagt Österreich

Morgen wählen wir zwischen Kontinuität und Neustart...

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Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Die Hofburg-Wahl am morgigen Sonntag wird zu einem Duell der Emotionen. Unser Land ist tief gespalten in die Hofer- und die Van-der-Bellen-Wähler. Die einen wollen den anderen verhindern, das Land vor dem anderen oder sogar vor dem Untergang „retten“.

Ganz ehrlich: Ich sehe bei keinem der Kandidaten ein Problem für unsere Demokratie.

Van der Bellen mag mal KPÖ gewählt haben und war lange Fahnenträger der Grünen – na und? Für mich ist er der Prototyp eines idealen Präsidenten: ruhig, souverän, mit allen politischen Wassern gewaschen, aber auch mit grünem Idealismus ausgestattet und kein Parteisoldat, wie es Präsidenten bisher waren. Dazu im Ausland angesehen – soll nix Schlechteres passieren.

Norbert Hofer umgekehrt ist der Prototyp des Protest-Kandidaten. Ein klarer Gegenpol zur Regierung, eine Provokation für das Polit-Establishment – na und? Ein Präsident Hofer wird in der Hofburg ebenso die demokratischen Spielregeln einhalten, wie er das seit Jahren im Parlament tut. Der Mann präsidiert seit Jahren, ohne dass irgendjemand Grund zur Klage hatte.

VdB steht für Bewahren, Hofer für das Erdbeben...

Die Wahl morgen wird – und das scheint mir das Entscheidende – nicht nur zur personellen Entscheidung für einen Präsidenten, in der Hofburg ist ohnehin kein Blumentopf zu gewinnen...

...sie wird zum Barometer der politischen Stimmung im Land, zu einem Votum für oder gegen die Regierung, gegen die Polit-Elite.

Van der Bellen steht für das Bewahren des Guten in diesem Land: Stabilität, ein funktionierendes System, Liberalität (gerade auch in der Flüchtlingsfrage), er steht aber auch für eine Fortführung des „Modells Fischer“, der Politik Kerns und Häupls.

Wer meint, dass es uns in Österreich „eh“ gut geht und wir weder in der EU noch in unserer Demokratie „unnötige“ Experimente wagen sollten, wird mit der Wahl von VdB richtig liegen.

›Modell Fischer‹ gegen ›Modell Trump‹ – wer siegt?

Hofer dagegen steht für das „Modell Trump“ – für die Watsche für das Establishment und die Hoffnung (viel mehr wird’s wohl nicht werden) auf einen Neubeginn.

Der Respekt gebietet es, das Votum jener, die mit dieser Regierung, dieser Polit-Elite, vielleicht sogar dieser Republik nicht zufrieden sind, zu akzeptieren und zu verstehen.

Es ist das Votum der Schwächeren in dieser Republik – der Wohlstands-Verlierer, der Wenig-Verdiener, der berechtigten Wut-Bürger.

Die spannende Frage wird sein, wer morgen die Mehrheit hat: die liberalen Zufriedenen oder die Wut-Wähler?

Eine Mehrheit für die Wut-Wähler wird diese Republik erbeben lassen. Und vielleicht ist es gar nicht so schlecht, die Langschläfer im Rathaus, am Ballhausplatz etc. einmal aufzuwecken. Vielleicht tut unserem Land eine Neuwahl, ein Ende von Rot-Schwarz, ein Watsche für das Establishment gar nicht schlecht?

Bisher haben blaue Wut-Wähler am Tag der Entscheidung meistens Angst vor dem zu radikalen Erdbeben gehabt. Das war bei Häupl-Strache in Wien so und bei der ersten Hofburg-Stichwahl ebenso.

Morgen werden wir sehen, wie groß die Wut auf die Politik bei uns wirklich ist.

Wenn Van der Bellen siegt, sollte man die Stimmen der Wut-Wähler für Hofer sehr ernst nehmen – als Signal.

Wenn aber Hofer siegt, sollten alle den Mut zu einem Neustart haben. Auch die Regierung, auch die Polit-Elite.

Dann müssen wir die Spaltung des Landes vermeiden und wieder zusammenfinden.

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