ÖVP und FPÖ schießen sich weiter auf den ORF und vor allem dessen Geschäftsführung ein.
Nach seinem Onkel, dem niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll, spricht sich nun auch Vizekanzler Josef Pröll (beide V) für personelle Veränderungen an der ORF-Spitze aus.
Der ORF befindet sich laut Pröll in einer "extrem schwierigen Situation. Man muss Punkt für Punkt bewerten, was haben die Verantwortungsträger an der Spitze zu verantworten", so der Vizekanzler. Er wirft der Geschäftsführung vor, trotz finanziellem Engpass nur zu diskutieren, aber nicht zu handeln. Seit Monaten und Jahren fehlen Strukturreformen und eine Mittelfristplanung. "All das deutet darauf hin, dass es an Führungskapazität in ausreichendem Maß mangelt." Nun habe der Stiftungsrat "einmal klipp und klar Tacheles zu reden", so Pröll, der sogleich einen Zeitrahmen vorgab: "Allenfalls vor dem April." Am 2. April findet die Stiftungsratssitzung statt, in der über das Struktur- und Strategiekonzept abgestimmt werden soll.
Der ORF wollte sich zu den Aussagen Prölls am Mittwoch nicht äußern.
FPÖ schießt sich auf ORF-Kritik ein
Auch die FPÖ
findet, "die Wahl von Wrabetz hat sich als falsche Entscheidung
herausgestellt", so Generalsekretär Harald Vilimsky in einer Aussendung.
Während die ÖVP nach eigenen Aussagen um die "Überlebensfähigkeit des ORF
als öffentlich-rechtliches zentrales Medium" bangt, ist der FPÖ vielmehr die
Berichterstattung des Senders ein Dorn im Auge.
Im Fall Zogaj werfen die Freiheitlichen dem ORF vor, er entwickle sich "immer mehr zu einer Propagandamaschinerie für die Zuwanderungs- und Scheinasylantenlobby", so FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Vilimsky empörte sich außerdem über einen "Report"-Bericht in der Causa Martin Graf (F). Der Politiker warf dem ORF eine "Verdrehung der Faktenlage" vor und sprach von einer "politischen Kriegserklärung des Küniglberg an die FPÖ".
ORF-weist Kritik wegen Zogaj-Berichten zurück
Der ORF wies
die Vorwürfe "selbstredend vollinhaltlich unrichtig" zurück. "Die
parteipolitisch motivierte Sicht von Herrn Vilimsky, wonach sich aufgrund
der aktuellen Berichterstattung die Wahl von ORF-Generaldirektor Wrabetz als
'falsche Entscheidung' herausstellte, zeugt von einem bedenklichen
demokratiepolitischen Verständnis der FPÖ in Bezug auf die Rolle des
öffentlich-rechtlichen Fernsehens", so ORF-Unternehmenssprecher Pius Strobl.
"Der ORF ist einzig dem ORF-Gesetz verpflichtet, auf dessen Basis tagtäglich
fair, ausgewogen und zu allen Parteien äquidistant berichtet wird." Die
Vorwürfe im Fall Zogaj hatte der Sender bereits am Dienstag von sich
gewiesen.
BZÖ fordert Strukturreform
In das parteipolitische Hickhack
um den ORF mischte sich am Mittwoch auch das BZÖ mit einer Aussendung ein.
Generalsekretär Martin Strutz findet, dass "Wrabetz killen zu wenig ist".
"Es geht nicht nur um neue Köpfe, sondern auch endlich um eine echte
Strukturreform." Offensichtlich herrsche in der Koalition "ein wilder Streit
um die Vorherrschaft im ORF. Es wird um jede Position - vom Generaldirektor
bis zum Portier - parteipolitisch gestritten, ohne echte Lösungen für die
gravierenden Probleme des ORF vorweisen zu können", so Strutz.
Grüne kritisieren ÖVP
Laut Dieter Brosz, ORF-Sprecher
der Grünen, gehe die ÖVP-Führung auf offene Konfrontation mit dem ORF und
verwechsle das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit einem Parteisender. "Wenn
die ÖVP Hofberichterstattung will, sei ihr das unbenommen, nur sollten Onkel
und Neffe Pröll dafür eine eigenen Parteisender gründen", so Brosz in einer
Aussendung.