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Unsere Tiere

Burgenländische Landesregierung bringt Verfassungsklage ein

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Die Burgenländische Landesregierung hat ein Normprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof betreffend Vollspaltböden in der Schweinehaltung beantragt.

Im Interesse des Tierwohls sei es "fraglich, ob die in der 1. Tierhaltungsverordnung verankerten Anforderungen für die Schweinehaltung verfassungs- und gesetzeskonform sind", hieß es am Mittwoch in einer Aussendung. Hinterfragt wird auch, ob die geltenden europarechtlichen Vorgaben korrekt umgesetzt sind.

Der Großteil der Schweine in Österreich werde auf Vollspaltböden gehalten. Diese Art der Tierhaltung sei aber seit Jahren umstritten und bereits in fünf europäischen Ländern verboten. Die Burgenländische Landesregierung und der Burgenländische Landtag haben sich in der Vergangenheit gegen diese als nicht artgerecht bezeichnete Tierhaltung ausgesprochen. Mit der vorliegenden Verfassungsklage soll der Vollspalthaltung in Österreich daher ein Riegel vorgeschoben werden. "Aus unserer Sicht steht die von vielen Seiten zu Recht kritisierte Haltung auf Vollspaltböden nicht im Einklang mit dem in der Bundesverfassung verankerten Tierschutz", erklärte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ).

Die Haltung von Schweinen auf einstreulosem Vollspaltenboden, sowie der geringe Mindestplatz für diese Tiere, widersprechen schon längst dem gesteigerten Tierschutzempfinden der Bevölkerung. Aber nicht nur das. Beides widerspricht auch den allgemeinen Bestimmungen zur Tierhaltung im Tierschutzgesetz. Da normiert § 13 (2), dass die Bodenbeschaffenheit den Bedürfnissen der Tiere entsprechen muss, und § 16 (1), dass die Bewegungsfreiheit nicht so eingeschränkt werden darf, dass Schmerzen und Leiden entstehen. Aber der Vollspaltenboden widerspricht auch der Staatszielbestimmung Tierschutz, derzufolge der Gesetzgeber verpflichtet ist, bei seinen Normen das Wohlbefinden der Tiere zu berücksichtigen. Bisher galt, wo kein Kläger da kein Richter. Doch die SPÖ-Landesregierung im Burgenland hat heute § 139 (1) Zi 5 des Bundesverfassungsgesetzes in Anspruch genommen und diesbezüglich den Verfassungsgerichtshof angerufen.

Konkret wird in dem 85-seitigen Antrag auf Normenkontrolle der Verordnung zur Schweinehaltung wie folgt argumentiert:

  • Der Vollspaltenboden und das geringe Platzangebot in der Schweinehaltung widersprechen der Staatszielbestimmung Tierschutz. Diese überträgt dem Gesetzgeber nämlich eine Schutzverpflichtung für Tiere, der der einstreulose Vollspaltenboden und das geringe Platzangebot nicht entsprechen.
  • Die Verfassung verpflichtet in Artikel 7 den Gesetzgeber, das öffentliche Interesse der Bürger:innen zu berücksichtigen. Umfragen zeigen mit Mehrheiten um 90 % aber klar, dass die Menschen in Österreich den Vollspaltenboden aus Tierschutzgründen ablehnen.
  • Die § 13 (2), § 16 (1) und § 24 (1) Tierschutzgesetz verpflichten den Gesetzgeber bei seinen Verordnungen, die Bedürfnisse der Schweine nach neuestem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu berücksichtigen und sie vor Schmerzen und Schäden zu bewahren. Das ist beim Vollspaltenboden und beim geringen Platzangebot aber nicht der Fall.
  • Die EU-Richtlinie schreibt einen physisch angenehmen Liegebereich für alle Schweine vor. Der Vollspaltenboden ist zweifellos weder physisch angenehm, noch bietet er überhaupt einen eigenen Liegebereich. Deshalb wird angeregt, der VfGH möge den Europäischen Gerichtshof EuGH um eine Auslegung bitten.

Kommt der Verfassungsgerichtshof diesen Anträgen der Bgld Landesregierung nach, dann wird die Verordnung zur Schweinehaltung bzgl. der Erlaubnis des Vollspaltenbodens, des geringen Mindestplatzangebots und der fehlenden Verpflichtung zur Stroheinstreu, aufgehoben. Damit würde der Vollspaltenboden durch ein Höchstgericht als verfassungswidrig erklärt. Und kommt der EuGH zu dem Schluss, dass der Vollspaltenboden keinen physisch angenehmen Liegebereich bietet, dann fällt dieses Haltungssystem sogar EU-weit!


Diese Klage muss in den nächsten 8-12 Wochen vom neuen Tierschutzminister Rauch beantwortet werden. Danach wird der VfGH eine mündliche Verhandlung anberaumen und aller Wahrscheinlichkeit nach noch heuer eine Entscheidung fällen!

Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 20. März 2022, hier in voller Länge sehen.

Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 27. März 2022, 18:30 Uhr. 
  

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