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Unsere Tiere

Karibik versinkt im Algenmeer

Eine 38 Millionen Tonnen schwere Flut aus Sargassum-Braunalgen wälzt sich derzeit über die Küsten der Karibik – mehr als jemals seit Beginn der Satelliten¬messungen 2011. 

Von Cancún über Puerto Rico bis Guyana türmen sich meterhohe, braun-grüne Wälle, die verrottend übel nach faulen Eiern riechen. Der Gestank stammt aus Schwefelwasserstoff- und Ammoniakgasen, die beim Zerfall freigesetzt werden und bereits zur Räumung einer Schule auf Martinique führten.

Warum explodiert das Algenwachstum? Klar ist nur: Mehrere Faktoren greifen ineinander. Steigende Wassertemperaturen verlängern die Wachstums¬periode; Stickstoff- und Phosphat¬einträge aus Amazonas- und Mississippi-Abfluss sowie afrikanischem Staub liefern Dünger im Überfluss; veränderte Wind- und Strömungsmuster treiben die Teppiche aus dem zentral¬atlantischen “Great Atlantic Sargassum Belt” bis vors Urlaubs¬resort. „Die Spitzenwerte scheinen jedes Jahr größer zu werden – warum, ist die Millionen-Dollar-Frage“, sagt US-Forscher Brian Barnes.

Vor Ort ist der Schaden längst konkret: Hotels müssen Strände räumen, Gäste klagen über Atemwegs¬reizungen, Fischer über verstopfte Motoren. Auf Puerto-Ricos Playas oder den Ferienküsten Mexikos verwaisen Liegestühle neben Bulldozern, die täglich hunderte Tonnen Sargassum abfahren.

Ökologisch wirkt das braune Dickicht doppelt fatal. Schwimmend auf dem offenen Meer bietet es zwar Lebensraum für Schildkröten und Krebslarven; doch nahe der Küste blockiert es Licht für Korallen und Seegras. Sinkt der Teppich ab, erstickt er ganze Riffe. Beim Zerfall im Flachwasser werden außerdem Küsten¬gewässer sauerstoff¬arm, was Fische und Invertebraten massenhaft tötet.

Bekämpft wird die Plage mit Treib¬barrieren, Spezial¬schiffen und schwerem Gerät – kostspielig und ökologisch heikel, denn im Sand könnten Schildkröten¬nester liegen. Einige Inseln testen deshalb, das geerntete Algenmaterial zu Biogas, Dünger oder Baustoffen aufzuwerten. Doch Expert:innen warnen: Ohne globale Gegen¬maßnahmen gegen Überdüngung und Erwärmung droht der Karibik das neue Normal– ein braunes Meer statt türkisblau.

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