Es ist eine gängige Praxis, wie sie in vielen Ländern der Welt und auch in der Europäischen Union tagtäglich angewandt wird – und trotzdem wissen nur die wenigsten darüber Bescheid.
Die Informationen eines Brancheninsiders, dessen Glaubwürdigkeit mehrfach verifiziert wurde, der aus Angst vor Repressionen aber anonym bleiben möchte, haben eine umfangreiche Recherche der Bürgerinitiative oekoreich angestoßen. Diese zeigt, dass die in Österreich verbotene Praktik des „Toe Trimmings“, bei der Putenküken wenige Stunden nach dem Schlüpfen die Zehen mit Mikrowellentechnologie weggeschmolzen werden, trotzdem allgegenwärtig ist – und zwar in Form von italienischer Importware in heimischen Supermärkten.
Konzerngewinne über Tierwohl: Putenküken leiden unter schmerzhaften Amputationen trotz Verbot in Österreich
Die Entfernung der Zehen bei den Putenbabys erfolgt nachweislich ausschließlich zur Profitmaximierung, würden sich die Tiere aufgrund miserabler Haltungsbedingungen doch gegenseitig kratzen und damit die Qualität des Schlachtkörpers gemindert werden. Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen belegen eindeutig, dass die Amputation bei den Putenküken mit großen Schmerzen und erheblichen Folgeschäden für die Tiere verbunden ist, weswegen die Praktik in Österreich auch verboten ist und nicht angewandt wird.
Der italienische Geflügelkonzern AIA bestätigt in der Beantwortung einer schriftlichen Anfrage die Anwendung der Methode, der österreichische Lebensmittelhändler SPAR führt eine ganze Reihe von Produkten dieses Konzerns in seinem Sortiment. An eine Auslistung denkt man aber trotz der Erkenntnisse scheinbar nicht. Die beiden zuständigen Ministerien für Gesundheit bzw. für Landwirtschaft kritisieren auf Anfrage hin die Methode, verweisen aber auf geltendes EU-Recht. Umso wichtiger sei mehr Transparenz bei Lebensmitteln, so die beiden Ressorts.
Agrarsprecher fordern verpflichtende Kennzeichnung von Lebensmitteln
Die Wichtigkeit einer verpflichtenden Kennzeichnung von Lebensmitteln nach Herkunft und Haltung unterstreichen auch die Agrarsprecher*innen von SPÖ, FPÖ und Neos in ihren Stellungnahmen. Dazu würden aktuell auch Gespräche mit dem Handel stattfinden, so das Gesundheitsministerium, allerdings hinter verschlossenen Türen. Wer dabei in welcher Rolle involviert ist, das erfährt die Öffentlichkeit nicht. Von einer „zwiespältigen Rolle des Handels“ warnt etwa die FPÖ, der Handel würde „ein sehr hinterhältiges Spiel spielen“.
„8 Monate noch“: oekoreich fordert rasche Einführung der Kennzeichnung
Die Initiative oekoreich, Nachfolgerin des mit über 416.000 Unterschriften sehr erfolgreichen Tierschutzvolksbegehrens aus dem Jahre 2021, fordert die Regierungsparteien einmal mehr zur Einführung einer Kennzeichnung nach Herkunft & Haltung auf, sowohl bei verarbeiteten Produkten als auch in der Gastronomie. Erst wenn die Konsument*innen wissen, woher das Fleisch im Kühlregal oder am Teller wirklich stammt, können sie sich gegen die systematische Tierqual entscheiden. Nur so sei tatsächlich ein bewusster Konsum möglich:
„Statt im Hinterzimmer mit den milliardenschweren Konzernen zu verhandeln, die bekanntlich noch nie aus freien Stücken mehr für Tiere und Umwelt getan haben, sollte die Regierung sich jetzt in Transparenz üben und das Volk informieren. 8 Monate bleiben ÖVP und Grünen noch, um die Kennzeichnung zu beschließen, sogar ein All-Parteien-Beschluss scheint möglich. Setzen wir den Profiteuren von Tierqual endlich Grenzen und geben wir den Konsument*innen die Macht zurück“ appelliert Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens und Sprecher von oekoreich, abschließend.
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