Ein jahrzehntealter Konflikt – und nun eine richtungsweisende Entscheidung.
Im Salzkammergut ist der Fang und das Halten von wilden Singvögeln in mehreren Regionen vorerst gestoppt. Möglich wurde das durch erfolgreiche Beschwerden von Tierschutz Austria und dem Verein gegen Tierfabriken (VGT).
Konkret ging es um 370 nahezu identische Ausnahmebewilligungen, mit denen Behörden den Fang geschützter Singvogelarten wie Stieglitz, Zeisig, Gimpel und Fichtenkreuzschnabel erlaubt hatten – teils gleich für mehrere Jahre. Allein die Bezirkshauptmannschaft Gmunden stellte im August 2025 mehr als 300 solcher Bescheide aus.
Als anerkannte Umweltorganisationen legten Tierschutz Austria und der VGT 30 Beschwerden gegen diese Bescheide ein – mit Erfolg. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hob alle 30 Bescheide auf und bestätigte damit: Die Genehmigungen verstoßen gegen geltendes Artenschutzrecht.
In seiner Entscheidung kritisierte das Gericht unter anderem, dass die Behörden keine ausreichenden Ermittlungen zum Erhaltungszustand der betroffenen Vogelarten durchgeführt hatten. Außerdem sei es unzulässig, Fangbewilligungen gleich für drei Fangsaisonen auszustellen. Auch Angaben zu Fangmethoden fehlten – ebenso wie eine Prüfung, ob andere, tierschonendere Lösungen möglich gewesen wären.
Für Tierschutz Austria ist das Urteil ein klares Signal.
Nun fordert die Organisation gemeinsam mit dem VGT, dass auch die verbleibenden 340 Bescheide für das Jahr 2025 aufgehoben werden. Diese seien inhaltlich identisch – und damit ebenfalls rechtswidrig.
Die Entscheidung wirft auch ein Schlaglicht auf ein strukturelles Problem:
Jede einzelne Beschwerde kostet Geld. Gegen alle 370 Bescheide vorzugehen, wäre für die Organisationen kaum leistbar gewesen. Der Verdacht: Dass Behörden genau darauf setzen.
Besonders brisant ist der Fall auch deshalb, weil der Singvogelfang im Salzkammergut seit 2010 als immaterielles Kulturerbe gilt. Für Tierschutz Austria steht nun fest: Ein Brauchtum, das gegen geltendes Artenschutzrecht verstößt, darf keinen Sonderstatus genießen. Die Organisation plant, sich mit den aktuellen Gerichtsentscheidungen an die UNESCO zu wenden.
Für den Artenschutz ist das Urteil ein wichtiger Schritt.
Denn jeder nicht gefangene Vogel zählt – gerade in Zeiten, in denen viele Singvogelarten unter massivem Druck stehen. Ein Meilenstein im Jahr 2025 und ein deutliches Zeichen dafür, dass Artenschutzrecht auch gegenüber Traditionen durchgesetzt werden kann.