Wölfe sind zurück in Österreich. Seit einigen Jahren kehren sie langsam in ihre einstigen Lebensräume zurück – in die Alpen, ins Mühlviertel, in die Ostregionen des Landes.
Und mit ihnen wächst die Diskussion: Wie können Weidetiere geschützt werden, ohne den Schutzstatus des Wolfs zu gefährden?
Eine neue Studie der Universität für Bodenkultur Wien liefert dazu jetzt erstmals klare wissenschaftliche Antworten – und sie hat rechtliche Folgen.
Die Forscher:innen der BOKU haben Österreich flächendeckend analysiert: Wo leben Wölfe bereits? Wo gibt es besonders viele Weidetiere? Und wo überschneiden sich diese Lebensräume so, dass echte Konflikte entstehen können?
Das Ergebnis: In mehreren Regionen Österreichs besteht ein konkretes Risiko für Weidetiere.
Diese sogenannten Konflikt-Hotspots liegen vor allem dort, wo extensive Weidewirtschaft betrieben wird – also in Gebieten mit vielen Schafen, Ziegen oder Rindern, die im Sommer auf Almen frei weiden.
Damit liefert die Studie erstmals eine wissenschaftlich fundierte Karte der Gefahrenzonen.
Und genau diese Grundlage fehlte bisher, um rechtlich klar festzulegen, wo Herdenschutz verpflichtend sein muss.
Denn: Laut dem Tierschutzgesetz sind Tierhalter:innen verpflichtet, ihre Tiere vor vorhersehbaren Gefahren zu schützen.
Bisher war aber oft unklar, wo eine solche Gefahr tatsächlich vorliegt – das ändert sich nun.
Tierschutz Austria hatte bereits vor Veröffentlichung der BOKU-Studie ein Rechtsgutachten beim Juristen Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Wessely in Auftrag gegeben.
Das Gutachten bestätigt eindeutig:
Wenn durch den Wolf eine konkrete Gefahr besteht, müssen Tierhalter:innen aktiv werden.
Und falls der Schutz der Tiere unterbleibt, sind die Behörden verpflichtet einzugreifen.
Tun sie das nicht, drohen – so das Gutachten – sogar Verfahren wegen Amtsmissbrauchs.
„Das Gesetz gilt selbstverständlich auch auf der Alm“, betont Michaela Lehner, Leiterin der Stabsstelle Recht bei Tierschutz Austria.
„Die BOKU-Studie zeigt erstmals wissenschaftlich, wo solche konkreten Gefahren bestehen – und damit, wo Herdenschutz rechtlich verpflichtend ist.“
Leona Fux, Biologin und Artenschutzexpertin von Tierschutz Austria, unterstreicht die Bedeutung dieser Forschung:
„Die BOKU-Studie liefert erstmals eine objektive Grundlage dafür, wo Konflikt-Hotspots zwischen Weidetieren und Wölfen liegen – und damit, wo Herdenschutzmaßnahmen am effektivsten umzusetzen sind.“
Trotz dieser klaren Datenlage fordern einige politische Stimmen weiterhin sogenannte „wolfsfreien Zonen“ – also Gebiete, in denen Wölfe durch Abschüsse ferngehalten werden sollen.
Doch aus wissenschaftlicher Sicht ist das weder praktikabel noch rechtmäßig.
Wölfe besiedeln geeignete Lebensräume immer wieder neu, unabhängig von Abschusszahlen.
Studien aus ganz Europa zeigen deutlich: Langfristig lassen sich Konflikte nicht durch Abschüsse lösen, sondern nur durch präventiven Herdenschutz.
Auch rechtlich sind solche „wolfsfreien Zonen“ nicht haltbar.
Sie verstoßen gegen die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (92/43/EWG) der EU, die den günstigen Erhaltungszustand streng geschützter Arten wie des Wolfs vorschreibt – und diesen Status hat der Wolf in Österreich noch lange nicht erreicht.
Die Autor:innen der BOKU-Studie empfehlen deshalb, präventive Maßnahmen wie Herdenschutz, Entschädigungszahlungen und intensive Öffentlichkeitsarbeit in jenen Regionen umzusetzen, wo Lebensraumpotenzial und Konfliktpotenzial besonders hoch sind.
Das Ziel: Tierleid verhindern und gleichzeitig die Akzeptanz für den Wolf in der Bevölkerung stärken.
Wer die Petition unterstützen möchte, findet sie online unter:
www.tierschutz-austria.at/teamwolf
Das Rechtsgutachten von Dr. Wessely sowie die vollständige BOKU-Studie sind dort ebenfalls abrufbar.
Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 02.11.2025, hier in voller Länge sehen. Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 09.11.2025, 18:30 Uhr
Tierschutz Austria fordert Bund und Länder nun auf, diese Erkenntnisse rasch in konkrete Maßnahmen umzusetzen.
Denn die rechtliche und wissenschaftliche Basis liegt nun klar auf dem Tisch.
Herdenschutz – etwa durch Elektrozäune, Herdenschutzhunde oder Nachtpferche – kann laut Tierschutz Austria zu hundert Prozent staatlich gefördert werden.
Es fehlt also nicht an den Möglichkeiten, sondern an der Umsetzung.
Unter dem Hashtag #TeamWolf ruft Tierschutz Austria daher zur Unterstützung einer Petition auf, die ein faktenbasiertes Wolfsmanagement mit flächendeckendem Herdenschutz fordert.Denn nur wenn Wissen, Recht und Praxis zusammenspielen, kann ein friedliches Miteinander von Weidetieren, Menschen und Wölfen gelingen.