Der 2-Jährige fiel am 13. Jänner in den Brunnenschacht.
Die Bergung des kleinen Julen aus einem tiefen Brunnenschacht in Südspanien ist nach elf Tagen in die entscheidende Phase gegangen. Ein achtköpfiges Team von Bergarbeitern startete am Donnerstagabend seinen Einsatz in einem etwa 80 Meter tiefen Rettungsloch. Die ersten Kumpel wurden in einem Metallkäfig auf den Grund des in den vergangenen Tagen gebohrten Schachtes gelassen, der parallel zum Unglücksschacht verläuft.
Die Männer sollen vom Grund des in den vergangenen Tagen gebohrten Parallelschachts einen waagrechten Tunnel zu der Stelle graben, an der der Zweijährige vermutet wird. Das kann Experten zufolge bis zu 24 Stunden dauern.
Wegen der extrem schwierigen Umstände hatte sich der Beginn der Arbeit der Spezialisten immer wieder verzögert. Gegen 18 Uhr wurden die ersten beiden Bergarbeiter in einer an einem Kran befestigten Kapsel in den Schacht herabgelassen, wie die Zeitung "La Vanguardia" und andere spanische Medien unter Berufung auf die Einsatzkräfte im andalusischen Totalan berichteten.
Das sind die Retter
Diese acht Minenarbeiter kämpfen sich unermüdlich zu Julen vor:
Sergio Tuñón (li.) ist technischer Leiter des Teams seit 2012. Der Chefingenieur hat schon mehrere Rettungs- und Bergungsaktionen geleitet.
Antonio Ortega (re.) ist technischer Ingenieur, vor einem Jahr als letztes Mitglied zur Rettungstruppe gestoßen.
José Antonio Huerta (li.) ist ebenfalls ein Neuzugang (zwei Kinder).
Seit zehn Jahren im Team der Spezialisten: Jesús Fernández Prado (re.) (Hobbys: Skifahren, Bergsteigen, Tauchen).
Maudilio Suárez (li.) ist seit Jahren Freiwillig als Minen-Retter aktiv.
Lázaro Alves Gutiérrez (re.) ist laut „La Nueva España“ aus ganz persönlichen Gründen der Rettungstruppe beigetreten. Sein Vater starb 1995 bei einem Bergbauunglück, damals war Gutiérrez zwei Jahre alt.
Rubén García Ares (li.) (verheiratet, eine Tochter) ist einer der Jüngsten im Spezialtrupp der Bergleute.
Adrián Villaroel (re.) ist ebenfalls einer der jüngeren Spezialisten (verheiratet, eine Tochter).
Extreme Bedingungen
Die Kumpel sollten sich jeweils in Zweierteams für etwa 30 bis 40 Minuten unter anderem mit Spitzhacken, Schaufeln und Presslufthämmern vorarbeiten und dann abgelöst werden. Sie seien mit Sauerstoffmasken ausgerüstet und telefonisch mit den Kollegen außen in Kontakt. Die Bedingungen seien extrem, wegen der Enge könnten die Männer nur knieend oder liegend graben, hieß es.
Das Kind soll am 13. Jänner bei einem Ausflug mit seinen Eltern in den 107 Meter tiefen, illegal gegrabenen Schacht gefallen sein. Weil das Loch nur einen Durchmesser von 25 bis 30 Zentimetern hat, hatten die Retter entschieden, einen parallelen Schacht auszuheben, um zu Julen vorzudringen. Er wird in einer Tiefe von 70 bis 80 Metern vermutet.
Allerdings gibt es schon seit elf Tagen überhaupt kein Lebenszeichen von Julen. In Gasthäuser, Cafes und Büros im ganzen Land wird immer wieder in die Runde gefragt: "Und wenn der Kleine nicht im Loch ist?" Es sind vorwiegend Laien, die Zweifel äußern, aber nicht nur: "Ich halte es für nahezu unmöglich, dass der Bub in diesem Schacht drin ist", sagte in verschiedenen TV-Sendungen Luis Avial von der Geophysik-Firma Falcon High Tech. Normal wäre es gewesen, dass das Kind in dem winzigen Schacht ziemlich weit oben steckengeblieben wäre, ist Avial überzeugt.
"Wände des Schachts sind nicht glatt"
"Das Kind hatte eine Winterjacke an, die Wände des Schachts sind nicht glatt, es gibt Wurzeln, Unebenheiten, das ist schon sehr komisch", meinte Avial. Auch der erfahrene Schachtbauer Francisco Barranquero hegt große Zweifel. "Ist es möglich, dass ein Kind da nicht steckenbleibt und bis ganz unten durchrutscht? Ich sage dir, das ist sehr unwahrscheinlich", sagte er einem Journalisten der Onlinezeitung "El Espanol".
Diejenigen aber, die an der Suche beteiligt sind, wollen keine Diskussion aufkommen lassen. Die Vizedelegierte der Madrider Zentralregierung in Andalusien, Maria Gamez, sagte mehrfach unter Berufung auf die verschiedenen Experten am Cerro de La Corona, man habe "Gewissheit", dass Julen unten im Loch sei. "Ich bin mir sicher, dass wir von hier nicht ohne Julen weggehen werden", betonte sie.
Zunächst hatte man sich auf die Aussagen des Vaters und einer Tante verlassen müssen, die nach eigenen Angaben gesehen hatten, wie das Kind ins Loch fiel. Die Retter fanden im Schacht bald ein Sackerl mit Süßigkeiten, die Julen bei sich gehabt hatte, und wenig später auch Haare des Buben.
"Ich habe mich auf die Öffnung gestürzt, und er war nicht mehr da. Ich habe ihn weinen hören, aber bald habe ich ihn nicht mehr gehört", sagte Vater Jose, ein arbeitsloser Marktverkäufer, vor Journalisten weinend. Im Interview der Zeitung "Diario Sur" beteuerte er: "Mein Sohn ist da (im Loch), das soll niemand anzweifeln."
Julens Eltern überraschend bei Mahnwache
Unterdessen war ab dem Abend eine Nachtwache geplant, "damit Gott dieses Wunder vollbringt und er den Bergarbeitern, Julen und seinen Eltern Kraft gibt", zitierte das spanische Fernsehen Juan Jose Cortes, der der Familie seit Tagen beisteht. Seine eigene fünfjährige Tochter war vor zehn Jahren nach wochenlanger Suche ermordet aufgefunden worden.
Julens Eltern kamen am Donnerstagabend überraschend zu einer Mahnwache, wenige Gehminuten vom Schacht entfernt. Julens Vater José Rosello und seine Mutter Vicky Garcia (beide 29) hielten sich eng umschlungen.