Neun Mal so viele wie im Vorjahreszeitraum - EU-KommissarAvramopoulos: "Situation unter Kontrolle".
Die Zahl der Flüchtenden, die illegal über die Türkei in die EU kommen, ist in den vergangenen Monaten stark angestiegen. In den ersten Monaten des Jahres 2018 haben mehr als neunmal so viele Menschen unerlaubt die Landgrenze nach Griechenland überquert als im Vorjahreszeitraum, teilte die EU-Kommission am Mittwoch mit.
Auch der Zustrom über das Mittelmeer auf griechische Inseln sei signifikant um knapp 70 Prozent angestiegen. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos machte das wärmere Wetter für die steigenden Ankunftszahlen verantwortlich.
Flüchtlingslage sei nach wie vor "instabil"
Auch wenn weiterhin weniger Menschen ankämen als vor Inkrafttreten des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei, seien der "strukturelle Migrationsdruck hoch" und "die Lage nach wie vor instabil", erklärte die EU-Kommission. Avramopoulos zeigte sich entschlossen, keine Nachlässigkeit in diesem Bereich einreißen zu lassen.
Über die Landgrenze kamen der Kommission zufolge in den ersten 18 Wochen des Jahres 6.108 Menschen unerlaubt in die EU, über das Mittelmeer sogar 9.349 Menschen. Die meisten von ihnen waren Syrer, Iraker, Afghanen und Türken.
Ob für die steigenden Zahlen laschere Kontrollen des türkischen Grenzschutzes verantwortlich sind, blieb zunächst unklar. Die Regierung in Ankara hatte in der Vergangenheit mehrfach gedroht, dass sie ihre Grenzen öffnen könnte, wenn die EU ihr in Streitfragen nicht entgegenkommt. Sie fordert unter anderem, dass türkische Bürger ohne Visum in die EU reisen dürfen.
Wenn sie ihre Grenzen wirklich öffnen sollte, würde die Türkei damit den 2016 geschlossenen Flüchtlingspakt mit der EU infrage stellen. Das Abkommen sieht vor, dass die EU alle Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken kann. Im Gegenzug nehmen EU-Staaten der Türkei schutzbedürftige Flüchtlinge aus Syrien ab und finanzieren Hilfen für Flüchtlinge in der Türkei.
EU-Kommissar Avramopoulos: Aktuelle Flüchtlingszahlen seien beherrschbar
Die EU-Kommission verwies am Mittwoch darauf, dass immer noch deutlich weniger Migranten illegal in die EU kommen als vor dem Abschluss des Flüchtlingspaktes. "Ich kann ihnen sagen, dass die Situation unter Kontrolle ist", sagte Kommissar Avramopoulos. Die aktuellen Zahlen seien beherrschbar. Das Flüchtlingsabkommen funktioniere.
Um einen Beitrag zur stärkeren Außengrenzsicherung zu leisten, schlug die EU-Kommission eine Modernisierung des Visa-Informationssystems vor. Mit automatisierten Kontrollen durch die Visabehörden sollten jene Personen, die eine Bedrohung darstellten, an einer Einreise in die EU gehindert werden. Mit einer Zusammenarbeit und dem Informationsaustausch könnten Grenzschutzbeamte hier schneller arbeiten, so die Brüsseler Behörde.
Avramopoulos warb zudem für die Entsendung von mehr Grenzschutzbeamten und für eine bessere Ausrüstung der EU-Grenz- und Küstenschutzbehörde Frontex. Die Mitgliedstaaten müssten dringend mehr Ressourcen bereitstellen, damit die Agentur ihre laufenden Einsätze fortsetzen und zusätzliche Aufgaben übernehmen könne, so der griechische EU-Kommissar.
Über die Zusage aus 20 EU-Staaten für die Umverteilung von 50.000 Flüchtlingen zeigte Avramopoulos sich am Mittwoch erfreut. Er hoffe, dass "zumindest die Hälfte der Zusagen bis Oktober 2018 umgesetzt" werden könne und wolle noch mit "drei bis vier" unwilligen Ländern, die der Umsiedelung von Flüchtlingen kritisch gegenüber stehen, reden, um sie zu überzeugen.