Wer den fatalen Fehler mache, "in der Nacht" auf griechisches Territorium zu kommen, werde ein neues "Marathon" und "Salamis" erleben.
Im Streit zwischen Griechenland und der Türkei werden die Töne zunehmend schärfer. In seinem Tagesbefehl an die Truppen anlässlich des Tags der Streitkräfte richtete Generalstabschef Konstantinos Floros am Sonntag eine Botschaft "an diejenigen, die die griechische Souveränität an sich reißen wollen". Wer den fatalen Fehler mache, "in der Nacht" auf griechisches Territorium zu kommen, werde ein neues "Marathon" und "Salamis" erleben.
In den legendären Schlachten von Marathon und Salamis hatten die Griechen in der Antike im 5. Jahrhundert vor Christus jeweils die Perser besiegt. Floros reagierte damit indirekt auf jüngste Provokationen aus Ankara. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Griechenland in den vergangenen Wochen wiederholt mit dem Satz gedroht: "Wir könnten plötzlich eines Nachts kommen."
Flammende Botschaft
Floros erklärte in seiner flammenden Botschaft, er sei sich sicher, dass die griechischen Streitkräfte im Fall des Falles wieder heroisch kämpfen werden, "wie sie es so viele Male in der Vergangenheit getan haben. Für jeden Zentimeter Boden, für jeden Felsen, für jeden griechischen Stein."
Der Oberbefehlshaber der griechischen Streitkräfte lobte die hohe Moral, die Professionalität, die Hartnäckigkeit, den Willen und die Stärke der griechischen Armee und betonte, dass diese Eigenschaften "die beste Garantie dafür sind, dass Griechenland stark, frei und unabhängig bleiben wird. Nachsatz: "Egal wer uns bedroht."
Die Beziehungen der beiden Nachbarländer sind derzeit auf einem Tiefpunkt. Neben Streitigkeiten um Erdgasvorkommen in der Ägäis ist Ankara aktuell die Militärpräsenz auf zu Griechenland gehörenden Inseln wie Lesbos und Samos ein Dorn im Auge. Laut griechischen Medienberichten brachte die türkische Seite zuletzt sogar wiederholt ein Szenario wie beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine aufs Tapet.
Experten schließen Angriff nicht aus
Experten halten eine türkische Militärattacke etwa auf griechische Ägäis-Inseln zwar für unwahrscheinlich - schließlich gehören beide Länder der Verteidigungsallianz NATO an -, aber auch nicht für ausgeschlossen. Dabei könnten auch innenpolitische Entwicklungen in der Türkei eine Rolle spielen.
Eine Woche nach einem tödlichen Bombenanschlag in Istanbul hatte die Türkei am Wochenende eine Militäroffensive gegen kurdische Stellungen im Nordirak und in Nordsyrien gestartet. Im Fokus der Attacken: die Kurdenmilizen YPG und die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). PKK und YPG streiten eine Beteiligung an dem Anschlag von Istanbul jedoch vehement ab und unterstellen der Türkei, mit der Anschuldigung einen Vorwand für einen erneuten Militäreinsatz in Nordsyrien geschaffen zu haben.
Auch unabhängige Beobachter äußerten solche Vermutungen. Die Entwicklungen könnten auch mit den Parlamentswahlen in der Türkei zusammenhängen, die für Mitte Juni 2023 geplant sind. Die Umfragewerte für Erdogans islamisch-konservative Regierungspartei AKP sind nicht die besten. Der Präsident dürfte demnach möglicherweise einen Vorwand suchen, die Wahlen zu verschieben oder zumindest das Nationalgefühl der türkischen Bevölkerung anzustacheln, um die AKP zu stärken. Daher sei auch eine von der Türkei provozierte Eskalation der Konflikte mit Athen nicht völlig auszuschließen.