Defizitsünder dürfen auch weiterhin ihre Stimme abgeben.
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso schließt einen Stimmrechtsentzug für Defizitsünder aus. Vor dem EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs
Donnerstag (ab 17.00 Uhr) und Freitag in Brüssel sagte Barroso zur Frage einer Vertragsänderung: "Ich denke, wir sollten das Verfahren nicht vor die Substanz stellen. Wenn eine Änderung des Vertrags bedeutet, dass Stimmrechte beschnitten werden, ist das nicht akzeptabel und ganz offen gesagt, auch nicht realistisch."
Außerdem würde eine derartige Forderung wegen notwendiger Einstimmigkeit "niemals durch die Mitgliedstaaten getragen". Jede Änderung des Vertrags setze ja eine einstimmige Entscheidung voraus. Er wolle der Debatte am EU-Gipfel nicht vorgreifen, doch gehe es darum, was man als Reaktion auf die Krise tun sollte. "Da müssen wir über unsere Ideen diskutieren. Wir konzentrieren uns auf die Substanz der Frage, was können wir tun, um einen Mechanismus (zur Krisenrettung, Anm.) zu schaffen."
Kontroversen nicht förderlich
Barroso meinte, die Kontroverse um mögliche Vertragsänderungen "überschattet" den Konsens zu Vorschlägen der Kommission einerseits und der Taskforce andererseits zur wirtschaftlichen Regierungsführung. Hier habe man bereits "sehr viele Fortschritte erzielen können". Dabei verwies der EU-Kommissionspräsident auf die Finanzüberwachungsarchitektur, die Verordnung zu den Hedgefonds, das europäische Semester mit einem frühzeitigen Eingreifen bei Budgetproblemen. Die Frage, ob angesichts dieser Fortschritte eine Vertragsänderung nicht obsolet sei, wollte Barroso erst nach dem EU-Gipfel beantworten.
Der EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy forderte im Vorfeld des Europäischen Rats und im Anschluss an ein Treffen mit Vertretern der Sozialpartner nach der Exit-Strategie zum Abbau öffentlicher Schulden eine "Entry-Strategie" für Beschäftigung und soziale Integration. Mit der von der Task Force ausgearbeiteten Verbesserung der wirtschaftspolitischen Steuerung in der EU und im Euroraum gebe es wichtige Instrumente zur Stärkung des Wachstums. Damit könnten auch Arbeitsplätze geschaffen und Sozialstandards gewahrt werden.
Gewerkschaften einbeziehen
Barroso trat für die Einbeziehung der Gewerkschaften ein. Wenn man Vertrauen schaffe, könne man besser agieren und "das ist doch eine wichtige Triebfeder für das Wachstum". Das Wachstum müsse jedenfalls "ohne Belastung der Steuerzahler" erfolgen. Barroso trat für eine Vertiefung des Binnenmarkts ein, der moderner und wettbewerbsfähiger gemacht werden müsse.